Hohen-Eppan [Hocheppan].
Diese „Königin unter den herrlichen Ritterbauwerken des Landes“ deutet durch ihre Lage auf erhabenem Felskegel den Vorrang an, welcher ihr ebenso von Malern wie von Geschichtsfreunden zugestanden wird.
Hohen-Eppan [Hocheppan] bei Bozen
Wie der Adel der Geschlechter in der Meinung der Menschen um so höher geschätzt wird, in je fernere Zeiten die bekannten Ahnen zurückreichen, ebenso erscheint uns ein Gemäuer um so bedeutungsvoller, je weiter die Anfänge seiner Geschichte von unseren Tagen auseinander liegen. Priscianum, Cornelianum, Appianum (Prissian, Girlan und Eppan) sind römische Niederlassungen aus der Zeit, in welcher viele Bewohner Italiens, der Brandfackeln und des Mordes müde, die Sicherheit der Berge im Norden aufsuchten.
Von Appianum aber geht die Sage, daß es unter jene „Arzes“ der Rhätier gehört habe, welche Drusus von ihren Berggipfeln herabschmetterte und deren Zerstörung Horatius in einer berühmten Siegesode feiert.
Der berühntteste Geschichtsschreiber der Longobarden ist Paul Warnefried. Dieser erzählt im dritten Buche seines Werkes, daß, als König Autharis (der deutschen Sage bekannt durch den Arthieb, mit welchem er siech auf seiner Brautfahrt um das bayerische Fürstenkind Theodolinde als Herr der Longobarden bekannte) König dieses Volkes war, das wilde Frankenvolk einen Angriff auf die Grenzen seines Reiches machte. Bei dieser Gelegenheit gingen viele Ansiedelungen und feste Schlösser in Flammen auf, unter welchen auch Appianum, die alte Rhätierburg. Von dort an wird Appianum nicht mehr genannt, bis es als Hohen-Eppan oder auch Piano in einer der glanzvollsten Zeiten des Mittelalters wieder zum Vorschein kommt.
Im elften Jahrhundert nämlich war es, daß ein Grafengeschlecht, welches dem alten Hause der Welfen entsprossen war, von Bozen verdrängt, seinen Sitz auf dem hervorragenden Felsen aufschlug. Es war dies das Geschlecht derer de Piano, später von Eppan genannt. Diese Familie hatte so viel Grundbesitz, Schlösser und Vasallen, daß sie den Grafen von Tirol schier in gleichem Maße gegenüberstanden und daß es vielleicht ein Zufall genannt werden kann, wenn das Bergland seinen Namen nach dem Schlosse jener Nebenbuhler und nicht nach dem ihrigen empfing. In ihrer späteren Geschichte wiederholt sich die so vieler anderen adeligen Geschlechter. Besitz und Macht waren die Ursachen eines Übermutes, der selbst für so einflußreiche Herren ein übles Ende nahm. Am härtesten traf sie des Rotbarts Befehl an Heinrich den Löwen, den Baiern-Herzog, welcher lautete, der grimme Löwe sollte die Burgen der Eppaner abbrechen. Das hatten sie durch einen Streich verwirkt, welcher den kaiserlichen Herrn erzürnte, denn des Papstes Friedensboten an ihn waren von den Eppanern aufgehoben und ins Verließ gesetzt worden, Mit den Burgen war die Kraft des Geschlechtes gebrochen. Es geriet ins Vasallentum des von ihnen tödlich gehaßten Trient und schon am Ende des dreizehnten Jahrhunderts gab es keine Eppaner mehr. Ihr Erbe war kein Anderer als Meinhard, Graf von Görz und Tirol.
Jetzt steht das Stammschloß verödet da und ein Bauer haust in den Räumen, die so hoch über dem südlichen Lande ragen. Jeder Fremdling sollte zu der Höhe pilgern: sie erhebt sich über einer Dreiteilung des Tiroler Landes. Gerade unter ihr dehnt sich der weinbedeckte Bozener Boden aus, dort im Norden schimmert das weiße Meran und gegen Süden wallt die glänzende Etsch den verblauenden Felsengen Welschlands entgegen.
Quelle: Heinrich Noe, B. Johannes, Die Burgen von Tirol in Bild und Wort, Partenkirchen ca. 1890, Nr. 7.
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