Auf dem Acker.
Die richtige Bestellung des Ackers, d. h. eine solche,
welche jede Zaubermacht fern hält, ist eine sehr schwierige Sache.
Wir sahen bereits zu Anfang unserer Darstellung, wie eifrig die bösen
Nachbarn bestrebt sind, den Segen auf dem Acker des Nächsten zu mindern
und lernten auch einige der Mittel und Wege kennen, durch welche und auf
welchen man solchem Zauber begegnet. In dem Nachfolgenden soll nun gezeigt
werden, wie man "mit Gottes Hülfe" und etwas teuflischer
Praxis sich den Segen seines Ackers sichert.
Dünger muß bei zunehmendem Lichte gefahren werden und muß
der erste Haufen sofort auseinander gestreut werden, damit nicht der Wurm
in's Getreide komme.
(Töppen, S. 91.)
Der Acker darf zum erstenmal nicht im Zeichen des Scorpions und Krebses
gepflügt werden - die ganze Wirthschaft würde rückwärts
gehen und der Acker keinen Ertrag liefern. Auch soll in diesen Zeichen
nicht gesäet und gepflanzt werden. Gut sind Stier, Löwe, Jungfrau,
Schütze. - Kommt der Pflüger vom Felde zurück, so muß
er mit Wasser begossen werden, damit die Saat gut gedeihe.
(Samland.)
Wenn es einem Landmanne gelingt, Zwillingskälber (eine sehr selten
vorkommende Geburt) groß zu ziehen und mit diesen Thieren die Grenzen
seiner Besitzung zu umpflügen, so bringt ihm das großen Segen
und Reichthum. (Königsberg.)
Wie bereits früher angegeben, hält man die
Nacht für die geeignetste Zeit zur Aussaat; doch säet man nicht
bei Mondwechsel, weil dann der Samen sich ändert, z. B. aus Wrukensamen
Senfsamen wird. (Töppen, S. 91.)
Am Sonntage vor dem Säetermin nimmt die Hausfrau, oder auch der Hausherr
den Plon, d. h. den letzten Erntestrauß *), in die Kirche mit, damit
er dort gesegnet werde. Am Abende vor der Aussaat wird er ausgedroschen,
dann wird Knoblauch, Quecksilber und Asa
foetida zu einem Teig geknetet. Dieser Teig, die Körner aus
dem Plon und ein Geldstück, gewöhnlich ein Silbergroschen, werden
zusammen in einen Zipfel des Säelakens gebunden. Streut nun der Säemann
die erste Hand voll Samen aus, so spricht er:
Es säet der Säende, der dreimal neun Erntende! Im Namen etc.
Mancher nimmt auch wohl Sand in die Hand und wirft ihn auf den Acker des Nachbarn mit den Worten: Das ist für dich! Auf seinen Acker wirft er darauf die Saat, sprechend: Das ist für mich! Solches muß dreimal geschehen, wenn es wirken soll, auch muß dabei das Vaterunser gebetet werden. (Angerburg.)
*) Siehe S. 16.
In der Gegend von Marggrabowa bindet man in den Zipfel
des Säelakens Salz und einen Silbergroschen, damit das Getreide gedeihe;
in manchen Ortschaften um Dönhoffstädt legt man das Geld hinein,
damit das Getreide einen guten Preis bekomme. In Lubainen knüpft
man (Töppen, S. 92) Brot und Salz,
in Hohenstein Silberstückchen, Brot, Salz und Fenchel, des Gedeihens
wegen in's Säelaken; daß auch Knoblauch und Teufelsdreck als
Schutzmittel gegen das Behexen hinzugethan werden, ist oben S. 15 bereits
gesagt.
Von besonderm Segen wird die Aussaat begleitet, wenn das Säelaken
von einem nicht confirmirten Mädchen gewebt worden ist. Ein solches
Laken leiht Niemand fort, er würde dadurch den Segen fortgeben. (Töppen,
S. 91.)
An andern Orten streut man die Körner des Erntekranzes zuerst in
den Acker (N. Pr. Prov.-Bl. III, S. 473 und IV,
S. 54); auch mengt man die in den Zwölften gebrannte Asche
in's Saatgetreide und wirft den Samen in's Kreuz auf den Acker, indem
man spricht: Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes!
- dann wird die Ernte gut schütten. (N. Pr.
Pr.-Bl. X, S. 116, Nr. 158.) Das Gleiche erfolgt, wenn man die
Saat, bevor man sie ausstreut, mit drei Händen voll Erde vom Acker
des Nachbarn mischt. (Töppen, S. 92.)
Gegen die Vögel sichert man die Aussaat durch ein kleines Opfer.
Beim Roggensäen wirft man drei Hände voll aus, sprechend: Die
erste Hand für den Herrn (Gott), die zweite für mich, die dritte
für die Vögel! - Um Weizen und Gerste vor dem Vogelfraße
zu sichern, wirft man eine Hand voll Saat von sich weg für die Vögel.
(Töppen, S. 93.)
Soll der Segen der Aussaat dem Hause bleiben, so muß
der Säende den ersten Rücken (das erste Beet) nach dem Hause
zu gehend besäen.
Wer in einer Gemeinde am letzten zusäet, baut das beste Getreide.
Manche Wirthe lassen daher absichtlich einen Rücken unbesäet
bis alle Nachbarn die Aussaat beendet. (Goldap.)
An der Stelle, wo der letzte Roggen ausgesäet ist, breitet man ein
Bund Stroh auf dem besäeten Acker aus. Andere thun solches vor dem
Säen und stellen den ersten Scheffel Saatroggen auf das Stroh und
nicht auf die "kahle" Erde, damit eben nicht kahle Felder und
leere Aehren entstehen möchten, sondern reiche und volle. (Goldap.)
Wenn man Weizen säen will, so stellt man den Sack, in welchem sich
die Aussaat befindet, verkehrt auf den Acker, so daß er auf dem
zugebundenen Ende steht, und spricht dabei:
Weizen, ich stell dich auf das Band,
Gott schütze dich vor Tresp' und Brand!
Im Namen etc. (Wehlau.)
Wenn der Säemann einen Rücken oder auch
nur ein Stück Acker unbesäet läßt, so stirbt er in
dem Jahre. (N. Pr. Pr.-Bl. III, S. 473.)
Das Gedeihen der Aussaat wird in Frage gestellt, wenn in der Saatzeit
Feuer verborgt oder Aschlauge gemacht wird; ja man vermeidet in dieser
Zeit die Wäsche überhaupt.
(Töppen, S. 92.)
Im Kreise Goldap wird bei der Ernte aus der letzten Garbe ein Aehrenbüschel
geflochten, welches von dem Mäher, der den letzten Sensenzug gethan,
an der Sense befestigt heimgetragen und der Wirthin überreicht wird.
Aus dem Büschel wird eine Krone geflochten und diese über den
Tisch gehängt, später werden die Körner ausgerieben und
unter das Saatkorn für's erste Säetuch gemischt. Das Stroh dieses
Aehrenbüschels wird auf dem Felde zur Hälfte an der Sense abgeschnitten,
in drei Theile geschnitten und auf den Acker gestreut mit den Worten:
Das ist zu Trespe, das ist zu Schmeele, das ist zu Unkraut! Damit will
man, da das Ausgestreute ohne Frucht bleibt, andeuten, es möge das
Genannte auf dem Acker ausbleiben und nur reines Getreide wachsen.
Beim Einfahren des Roggens nimmt einer der Knechte von drei Grenzscheiden
drei Feldsteine, trägt sie mit den ersten drei Garben schweigend
vor dem ersten Fuder her und legt Steine und Garben zuerst in's Fach -
das hilft gegen den Mäusefraß. (Goldap.)
Als Mittel gegen Mäuse und Ratten schreibt man am Nikasius-Tage (14.
Decbr.) an alle Thüren den Namen des Heiligen. (N.
Pr. Pr.-Bl. X, S. 119, Nr. 201.) Es wirkt dies Mittel sowohl bewahrend
als vertreibend.
In Allenburg vertreibt man Ratten und Mäuse am Isaias (6. Juli) durch
folgende Bannformel:
Ihr Ratzen und Mäuse, schert euch aus dieser Scheune heraus, heute ist der Tag des heiligen Isaias!
Die Raupen werden in Masuren durch folgende Formel gebannt:
Herr, allmächtiger Gott, der du diese elende Welt geschaffen, alles Geflügel und Gewürm und zuletzt den Menschen. Du gabst ihm Willen und Verstand und Gedächtnis, auf daß er sich enthalte aller (bösen) Thaten auf Erden. Du sandtest uns deinen Sohn aus der Höhe, auf daß er den Menschen belehrte über alles Thun. Gieb, lieber Gott, daß dieses Gewürm, die Raupen, dem lieben Gott ein so großer Ekel sein möchten, wie ein Mensch, welcher am Sonntag die Kühe hütet und nicht zur Kirche geht. (Töppen, S. 50.)
In Littauen räuchert man die Raupen fort und spricht dazu eine Zauberformel. Die N. Pr. Pr.-Bl. III, S. 471, erzählen, wie auf diese Weise ein Kohlfeld von unzähligen Raupen gesäubert worden ist. Die Formel hat der Einsender jedoch nicht erfahren können. Auch wird als wirksames Mittel gegen Raupen der Sand vom letzten Grabe angewandt, den man schweigend und ohne sich umzusehen über die Pflanzen streut.
Der Hagel, dieser gefährliche Feind der Saaten, kann durch Wäscherinnen herbeigerufen werden, welche Wäsche, die am Sonnabend gewaschen wurde, unter freiem Himmel mit dem sogenannten Waschholze klopfen. (N. Pr. Pr.-Bl. VI, S. 232, Nr. 144.)
Vor Hagelschlag (Gewitter und Viehsterben) bewahren die Johannisfeuer, welche man an vielen Orten Preußens und Littauens noch am Abende vor Johanni anzündet. (N. Pr. Pr.-Bl. VI, S. 228, Nr. 109.)
In Masuren wird der Hagel auf folgende Weise beschworen:
Die Hagelwolke anschauend, mußt du dich segnen im Namen Gottes etc.;
dann sprich das Vaterunser und darauf dies Gebet:
O ihr schändlichen Hagelwolken, es befiehlt euch Christus der Herr, der Mann Gottes, durch mich seinen unwürdigen Diener, ihr sollet hinwegziehen nach andern wüsten Orten und dort zerstieben, auf daß ihr den Dörfern, den Gärten, den Feldern keinen Schaden thut durch Gottes Macht und mit des Sohnes Gottes und des heiligen Geistes Hülfe! (Töppen, S. 46.)
Quelle: H. Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann.
Ein Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens in der Provinz Preußen,
Berlin 1870. S. 133ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Gabriele U., Juli 2005.
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