Vom Verrufen und Behexen.
Tewern, Zanteln, Zanzeln, d.h. Zaubern, ist Naturanlage und Kunst zugleich. Manche Menschen scheinen zur Zauberei prädestinirt - oder werden wenigstens dafür gehalten -, während andere diese "Teufelskunst" sich erwerben oder als Erbschaft übernehmen. Freche Gottlosigkeit stattet sich mit sündhaftem Muthe auch selbstständig aus, indem sie die im heiligen Abendmahl empfangene Hostie unterschlägt und das geweihte Brot als Zaubermittel gebraucht*).
*) Solche Diebstähle an heiliger Stätte geschehen heute noch und ist somit Pisanski's Klage (Nr. 24 §.13): "Eine entsetzliche Boßheit hat zuweilen einige dahin verleitet, die im h. Abendmahl empfangene Oblate zu dieser verruchten Absicht zu gebrauchen" noch nicht gegenstandlos geworden.
Hat auch der Glaube an Zauberei und Hexenkunst in der ausgebildeten Weise früherer Zeit sich verloren; huldigt auch der Mann des Volkes nicht mehr dem Blocksberg-Cultus; belächelt er selbst die wunderbaren Erzählungen von der proteusähnlichen Gestaltungskunst der Hexen *): - die bekannte Aeußerung des Zauberns, welche man allgemein das Verrufen nennt, ist dennoch in allen Schichten der Gesellschaft mehr oder weniger noch gefürchtet.
*) Die Hexen hielten auch in Preußen auf sogenannten Blocksbergen ihre nächtlichen Versammlungen; ein solcher lag unter andern bei Pogdanzig im Schlochauer Kreise. Zweimal des Jahres, auf Volbrecht (Walpurgis) und Johannis, versammelten sich dort Männer und Weiber. Sie ritten meistens auf einer Gerstel, einem Werkzeuge, dessen man sich bedient, um das Brot in den Ofen zu schieben, oft auch auf einem schwarzen dreibeinigen Pferde dorthin, und zwar durch den Schornstein und mit den Worten: "Auf und davon und nirgends an!" Wenn Alles zusammen war, ward gespeist und dann auf einer gespannten Leine Unrechts (linksherum) getanzt, wozu ein alter Mann auf einer Trommel und einem Schweinskopfe musicirte.
Zu der Fähigkeit zu hexen gelangte man hauptsächlich durch den Besitz eines Geistes. Diese Geister, welche meistens die Namen Lucifer, Nickel, Firley, Dribulte, Chim, Klaus etc. führen, waren zuweilen als schwarze Katzen, als Mistkäfer, als schwarze Hündchen, sehr oft auch als Viferitzen (Eichhörnchen) gestaltet, bei der Ausfahrt auf den Blocksberg auch als Böcke; die der Männer waren weiblichen, die der Weiber männlichen Geschlechts, des Buhlens wegen. Erworben wurden sie bald durch Kauf, bald durch Schenkung; ja man gab sie den Töchtern als Ausstattung mit. Wer einmal einen solchen Geist besaß, konnte sich seiner nicht entledigen, er fand denn Jemand, der ihn abnahm; warf er ihn sonst fort, so hatte er zu besorgen, daß der Geist ihn selbst beschädige. Manche besaßen auch zu gleicher Zeit mehrere Geister. Der Kaufpreis war meistens ein bis drei Gulden preußisch (10 Sgr. bis 1 Thlr.). Die Ueberlieferung erfolgte gewöhnlich in einem "Dunk Hede" eingewickelt in einem Kober.
Die Geister wurden nun theils dazu gebraucht, um die Gebieter mit Geld, Lebensmitteln etc. zu versorgen, theils um dieselben an ihren Feinden zu rächen, auch um ihnen zu hinterbringen, wie es anderswo hergehe. Auf Befehl des Herrn tödteten sie Menschen und Vieh. Sollte Jemand gelinde fortkommen, so flogen die Geister ihm an die Füße und machten ihn lahm. Dafür mußte der Gebieter sie füttern, gewöhnlich mit Milch und ähnlichen Speifen, zuweilen aber auch mit Hostien. Hin und wieder überwarfen sich die Geister mit ihren Besitzern selbst und flogen dann Letzteren an die Füße, was dann die Folge hatte, daß diese von Stund an hinkten, ohne daß sie davon hätten geheilt werden können. (v. Tettau und Temme, S. 263 f.)
Als Hexenberg galt auch ein Hügel unweit
des Kirchdorfes Pobethen im Samlande, der Butzkeberg.
(Pr. Pr.-Bl, XXVI, S. 433.)
Quelle: H. Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann.
Ein Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens in der Provinz Preußen,
Berlin 1870. S. 1 - 2.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Gabriele U., Juli 2005.
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