Der Weichselzopf.
Die allermeisten Krankheiten, namentlich Rheumatismen
und Augenkrankheiten, laufen in den Weichselzopf (poln. koltun) aus. Der
von einer Krankheit Befallene schneidet etwas von seinem Haupthaare ab,
wickelt dies abgeschnittene Haar in ein Stück Papier, legt es entweder
auf die Herzgrube oder unter den Arm und läßt es dort 24
Stunden liegen. Ist nach dieser Zeit das Haar verfilzt, so ist dies ein
sicheres Zeichen, daß der Kranke behext ist. Er wird dann nicht
mehr gekämmt und bekommt innerhalb 4 bis 5 Wochen, wie natürlich,
den Weichselzopf. Diesen können nur bestimmte, ganz allgemein als
Hexen bekannte Personen heilen. Diese Hexen können aber auch Jemandem
den Weichselzopf beibringen oder eingeben. Wie manche glauben, ist der
Samen der Klette oder auch der Distel vorzugsweise geeignet, durch seinen
Genuß den Weichselzopf zu erzeugen.
Bei der Heilung des Weichselzopfes wird dem Patienten von der Hexe ein
Trank eingegeben, der auf das Reifwerden desselben hinwirkt. Tritt nach
einer bestimmten Zeit die Reife ein, so wird der Weichselzopf von der
Hexe abgenommen, aber nicht mit einer Scheere oder einem Messer, sondern
mit einem scharfen Steine vom Kopfe förmlich abgequetscht. Mit dem
Weichselzopf verschwinden auch die Krankheiten, die ihn zu Wege gebracht
haben. (Soldau. Töppen, S. 56.)
Quelle: H. Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann. Ein Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens in der Provinz Preußen, Berlin 1870. S. 96f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Gabriele U., Juli 2005.
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