MARIÄ
EMPFÄNGNIS
aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932
Maria Empfängnis, Fest der Unbefleckten Empfängnis 1) Mariä, 8. Dezember, ursprünglich als Fest der hl. Anna, der Mutter Marias, im Orient gefeiert und zuerst im 7. Jahrhundert erwähnt, im Abendland zuerst in Unteritalien (9. Jahrhundert) unter dem Namen Fest der Empfängnis der seligsten Jungfrau Maria gefeiert, dann weiterhin in Irland, England, Spanien, Frankreich und in einzelnen Diözesen 2) und Gegenden Deutschlands ebenfalls bereits früh mit kirchlicher Billigung gefeiert, unter Sixtus IV. 1477 in die römische Kirche eingeführt und unter Klemens XI. 1708 auf die ganze Kirche ausgedehnt, in seiner Entwicklung abgeschlossen durch die Definitionsbulle "Ineffabilis" des Papstes Pius IX. vom 8. Dezember 1854, der zufolge feierlich als Glaubenslehre erklärt wurde, daß "die allerseligste Jungfrau Maria im ersten Augenblicke ihrer Empfängnis . . . von jeder Makel der Erbsünde rein bewahrt geblieben ist" und die Feier dieses Dogmas allgemein als Pflicht vorgeschrieben wurde. Also nicht die natürliche Empfängnis wird in dem Feste gefeiert, sondern das, was an Maria, dem Kinde selber bewirkt wurde. Zahlreiche der Unbefleckten Empfängnis zu Ehren geweihte Kirchen und Säulen 3) künden von der Blüte dieses neuen Zweiges des Marienkultes. Der Festtag galt oder gilt als Abschluß der Zeit zwischen Maria Geburt (siehe dort) und Maria Empfängnis, der Tage zwischen den zwei Frauen, eines in sich geschlossenen Zeitabschnittes, der von den Frauen zur Entwöhnung der Kinder, auch allgemein zur Ablegung der Gelübde, zu Heilkuren und anderm als günstig betrachtet wurde. Wie an andern Marienfesttagen darf man auch an Mariä Empfängnis nicht arbeiten. Besonders das Weib soll an ihm, dem Frauentag 4), z. B. nicht nähen, sonst wird es durch eine Erscheinung, die "weiße Frau", abgeschreckt, bis es aufhört 5). Der Festtag gilt auch als Lostag der künftigen Witterung. Regnet's z, B. an ihm, so "git's no fürig Heuwätter" 6). Scherzhaft wird die Bezeichnung Mariä Empfängnis auch als Ausdruck für Löhnungs- oder Soldtage gebraucht 7).
1) Kellner Heortologie 181-199; Lexikon für Theologie
und Kirche 3 (1931), 661 ff.
2) Zilliken Der Kölner Festkalender 120: 12. Jh. In der bei Birlinger
Aus Schwaben 2, 206 mitgeteilten Chronikaufzeichnung: ,,A. 1629 den 3.
Dez. als auf den Tag Mariä Empfängnis ist, im ganzen. Deutschland
an allen katholischen Orten geboten worden zu feiren und ist diß
ein neuer Feiertag; zuvor ist er nie gefeiert worden" fallen die
Abweichung des Tages auf, falls es sich nicht um einen Lesefehler handelt,
und die Betonung neuer Feiertag.
3) Reinsberg Böhmen 533 f.
4) Schramek Böhmerwald 114.
5) John Westböhmen 7.
6) SAVk. 12 (1908), 20: Baselland.
7) Z. B. Bächtold Die schweizerische Soldatensprache 1914 - 18, S.
41.
Wrede.