Die Bauernarbeit.
Das Volk hat nicht umsonst das Hauptziel zur Aufnahme von "Ehehalten" (bäuerliche Dienstboten) auf Lichtmeß (2. Febr.) gesetzt. Denn wenn auch die eigentliche Frühlingsarbeit erst später einfällt, so gibt es doch bereits um diese Zeit schon Manches zu tun, und bestünde es auch nur darin, sich mit den Verhältnissen des betreffenden Hofes genau bekannt zu machen. Das erste Geschäft, das der neu eingetretene Knecht abzutun hat, geht den großen Düngerhaufen an, der vor dem Hause über Winter zu stattlicher Größe angewachsen ist und nun seiner Bestimmung zugeführt werden soll. Wagen um Wagen voll Mist rumpelt auf die fahlen Wiesgründe hinaus, wo er in kleinen Haufen reihenweise abgeladen und mit der dreizinkigen Eisengabel gleichmäßig "gebreitet" oder "geklant" wird. Eine unsaubere Arbeit. Kein Wunder, daß die Dirnen, denen die Beschäftigung meist zufällt, die Kittel mit Männerhosen vertauschen, beziehungsweise erstere in letztere hineinstecken. Nun wartet man, "bis ein ergiebiger Regen eintritt, dann wird der Dünger mit sog. Plaren aus dürrem Reisig "angestreift" und mit dem umgekehrten Rechen "angeribbelt", damit sich der eigentliche Düngstoff von der Streu trenne und in die Erde einsickere oder, wie die Bauern sagen, "in den Boden hineinwachse". Regnet es nicht, so läßt man, falls man Gelegenheit hat, das Mahd mit Wasser überrieseln und verfährt auf dieselbe Weise, was man "Misteinwaschen" nennt. Nach einigen Wochen, wenn das sprossende Gras noch nicht so hoch ist, daß es Schaden leiden könnte, werden die holzigen Rückstände mit Rechen "abgeräumt" und entweder verbrannt oder neuerdings als Viehstreu verwendet.
Während sich die "Ehehalten" dieser unedlen Beschäftigung hingeben, hat der "Bauer" oder "Schaffer", wie er auch heißt, Musterung über den demnächst zur Verwendung kommenden "Arbeitsplunder", das sind die Ackergeräte und Werkzeuge, gehalten. Da fehlt nun dies und das. Der Pflug wackelt auf dem Gestelle, an der Gabel fehlt eine Zinke, die der vorige ungeschickte Knecht abgebrochen hat, Sattel und Kummet sind schadhaft und die Wagendeichsel muß gar durch eine neue ersetzt werden. Das soll nun eiligst in Ordnung kommen, denn "ein guter Plunder ist die halbe Arbeit". Man schickt also vorerst zum Meister Schmied und ersucht ihn, denselben ehebaldigst auszubessern. Dieser kratzt sich bedenklich hinter den Ohren, weil er sich um diese Zeit vor lauter Kundschaften kaum zu helfen weiß. Von vier Uhr Morgens bis spät in die Nacht hinein wiederhallt die Dorfschmiede von den Hammerschlägen der rußigen Gesellen. Ebenso überlaufen ist Meister Sattler und Rädermacher. Zu allem Glück geht letzterer in die Häuser "auf die Stör" und gilt als ein sehr willkommener Gast, denn er ist neben seinem eigenen Geschäft ein Mach-Alles, ein wahrer Allerweltskünstler, der in jedes Handwerk pfuscht und, was nur flickbar, zusammen "paschgelt".
Ist nun Alles leidlich in Ordnung und hat es draußen "ausgeapert",
d. h, ist es schneefrei geworden und gehen die Erddämpfe, dann hat
auch für Bauer und Knecht die Arbeitsstunde geschlagen. Diese richtet
sich natürlich in erster Linie nach der Lage eines Ortes, ob Haupttal
oder Seitental, Niederung oder Mittelgebirge, Sonn- oder "Nörderseite"
(Nord-, d. i. Schattenseite), dann nach den Witterungsverhältnissen.
In früherer Zeit war es leicht, den rechten Zeitpunkt des Pflügens
zu erfahren, als noch jedes Gehöft ein Saligfräulein als Dienstmagd
oder sein Hausnörggele als spiritus
familiaris hatte, das durch Herausstellen des Pfluges auf den Acker
ansagte, wann mit dem Pflügen begonnen werden solle. In anderen Gegenden
taten dies die "wilden Männer", diese den Menschen halb
hold, halb unfreundlich gesinnten Geschöpfe. So kam zum Dorfe Lans
bei Innsbruck jedes Jahr der wilde Mann und schrie auf der Bachbrücke:
"Jetzt ist es Zeit zum Bauen." Immer, wenn sie seinen Rat befolgten,
geriet die Saat. Einmal blieb er ungewöhnlich lange aus. Die Zeit,
in der er sonst jedes Jahr sich sehen ließ, war längst um,
so daß die Bauern in der Meinung, er komme Heuer nicht, endlich
zu pflügen begannen. Da erschien er. Zürnend blickte er auf
die Voreiligen und sagte: "Jetzt ist es Zeit zum Bauen, aber weil
Ihr diesmal nicht gewartet habt, so komm' ich nimmermehr; sonst hätt'
ich Euch von der Juten (Molken) Schmalz sieden gelehrt." Von diesem
Tag an ließ er sich nimmer sehen. Am Neuner-Wirthshause [Wirtshaus]
zu Lans und auf einem Hause des benachbarten Dorfes Aldrans ist dieser
Wohltäter der Bauern aufgemalt, mit dem Laubgürtel um die Mitte
des Leibes und den wuchtigen Baumstrunk in der Hand. Doch diese glücklichen
Zeiten sind vorüber und der Bauer richtet sich nun - leider muß
ich sagen -statt nach den Vorgängen in der Natur oder ererbten und
selbstgemachten Erfahrungen, lieber nach dem hundertjährigen Brauch
einer Gegend, der seinerseits wieder auf alten Kalendersprüchen und
einem Wirrsal von Wetterregeln beruht, deren es um diese Zeit für
jeden Monat mehr als Tage gibt. So entstand, unbekümmert um das nicht
feste Ostern, die sich anlehnende Roggenbauwoche, der erste und zweite
Roggenbausamstag, Georgi als Zeit für die Türkensetze u. s.
w.
Zuerst nun geht es an das "Einrichten" des "kleinen Korns". Man versteht darunter das "Bauen" (Pflügen), Eggen, Säen, kurz den ganzen Anbau des Langes- oder Lenzkorns, das ist desjenigen Weizens und Roggens, der im Gegensatze zum Winterkorn in Einem Jahre zu reifen hat. Deshalb muß der Sepp gleich Morgens nach Frühmesse und Frühmahl Pflug und Egge aus dem Schupfen holen, den Ochsen besseres Futter geben und sie vorspannen. Kühe werden seltener verwendet, weil der Milchertrag darunter leidet, ja im Unterinntal gilt es geradezu als eine Schande, mit Kühen die harte Pflugarbeit zu verrichten. Selbst der arme Oberländer, der selten im Stande ist, ein paar Ochsen zu halten, verwendet ungern seine milchreichen "Raggelen" zum Pflügen, sondern bittet lieber den reichen Nachbar, der ein Pferdegespann hält, ihm dasselbe auf ein Paar Tage zu leihen. Dieser tut es auch gerne "gegen Geld und gute Worte", ja er gibt ihm sogar seinen Knecht mit, weil mit dem Schimmel nicht zu spassen sei, in Wahrheit aber, damit derselbe nicht zu sehr "geschunden" werde. Sonst führt beim Pflügen gewöhnlich der kleine Bub' des Hauses die "Män" (Gespann), besonders wenn dieselbe aus gutmütigen Ochsen besteht, die diese Arbeit schon öfter getan haben. Er muß dem Gespann "vorstehen" und zusehen, daß das eine Zugtier stets in der Furche weitergehe. Das Pflügen selbst ist nicht so einfach als es aussieht und erfordert Kraft und Geschicklichkeit. Der "Pflugheber" - gewöhnlich ist es der Bauer selbst oder der Großknecht - muß wohl Acht haben, daß er gut "einsetzt" und "aushebt" und daß er die "Pflughörner" richtig niederdrückt, damit der "Wagnes" oder "Arling" (Pflugeisen) in der entsprechenden Tiefe weitergehe. Auch wird er beim "Anpflug" darauf sehen, daß ja nicht die erste Furche gegen die Kirche sich umlegt, denn ist dies der Fall, so stirbt nach dem Volksglauben in diesem Jahre Jemand im Gehöfte. Knapp hinter dem Pflug gehen die "Hauerinnen", welche mit ihren Hauen die ausgehobene Erde zerkleinern und ebnen. Da ist nun im Unterinntal folgender Brauch, der wie die meisten derartigen Gepflogenheiten sehr praktischer Natur ist. Wenn nämlich nach dem Pflügen des Ackers die Hauerinnen vor den Rossen nach Hause kommen, so werden letztere mit Kuhschellen und Hausglocken feierlich eingeläutet. Man nennt diese zweifelhafte Ehre "Roß einläuten". Ist nun der Boden durch den Pflug "umgerissen" und der Dünger in die Erde eingeackert, so kommt die Egge daran. Sie hat bekanntlich die Aufgabe, die aus dem Grund gewühlten Schollen zu zerteilen, was durch oftmaliges Überfahren erreicht wird. Um den Acker vollständig anzuebnen, benützt man noch häufig Bündel aus Dornreisern, die mit einem Holzblocke beschwert sind und die man über die Erde kreuz und quer hinstreifen läßt. Dann wird gesäet. Der Bauer in Hemdärmeln trägt im Fürtuch den Samen und streut ihn mit voller Hand möglichst gleichmäßig nach links und rechts, ein heikles Geschäft, da der Samen weder zu dünn noch zu dicht liegen darf. Im letzteren Falle nämlich wird das Wachstum gehemmt und erfordert ein späteres Jäten, damit die Halme zu Luft und Acht kommen. Um das Wachstum der Aussaat zu befördern, pflegt man die Körner einige Zeit vor dem Säen zu "kalken", das heißt, man setzt ihnen Kalk mit Wasser gemischt bei. Das ist besonders beim Frühlingsroggen notwendig, weil derselbe in rauheren Gegenden, z. B, im Oberinntal, sich nicht so rasch entwickelt.
Mit dem "Einrichten" des "kleinen Korns" wird man beiläufig in einer Woche fertig, weshalb sie auch gemeiniglich "Roggenbauwoche" heißt. Sie ist, wie schon bemerkt, durchschnittlich die Woche vor oder nach Ostern, je nachdem dieses Fest früher oder später fällt.
Auf gleiche Weise wie die Aussaat des Roggens und Weizens geht auch die der Gerste und des Hafers vor sich, wofür nach alter Gepflogenheit der Benediktustag (21. März) bestimmt ist. Überhaupt hat der Bauer fast für jede Fruchtgattung einen bestimmten Tag zur Aussaat, wenn er ihn auch nicht immer einhält. So sollen z. B. die Hülsenfrüchte, Bohnen, Fisolen, Erbsen am Charfreitag [Karfreitag] gesetzt werden, der Plenten am Margarethentag, Flachs ebenfalls am Charfreitag [Karfreitag]. Letzterer erfordert eine überaus sorgsame Behandlung und der vernünftige Bauer wartet daher lieber, bis die Nachtfröste den zarten Sprossen nicht mehr schaden, um so mehr, als die flachslockigen und flachsblütenaugigen "Saligen", welche in früheren Zeiten ihre Lieblingspflanze beschirmten, leider verschwunden sind.
Während der letzten Tage der Charwoche [Karwoche] ruht in der Regel die Feldarbeit. Man bringt die Tage in frommer Trauer und gewissenhaftem Fasten zu, wofür man sich dann am Ostersonntag durch einen der Menge nach lukullischen Schmaus und am Ostermontag und Dienstag durch verschiedene Lustbarkeiten entschädigt.
Nach den Feiertagen kommt ein schweres Stück Arbeit, das den Sepp und seine Ochsen tüchtig schwitzen macht, nämlich das "Abraumen" der Türkenäcker. Die letzten Schöber, die noch vom Herbste draußen standen, sind noch vor einigen Wochen eingeführt worden, aber die "Starzen", d. i. der unterste Teil der Stengel, stecken noch fest in den Furchen und brauchen einen ordentlichen Ruck mit der Eisenegge, die noch obendrein mit einem schweren Holzblock beschwert ist, ehe sie sich zur gehörigen Gleichheit bequemen. Man benutzt zu diesem "Fürich-überstüren" oft einen eigenen "Türkenstecher", eine größere Art Pflug, der den Scheitel der Erdfurche, in der die Stürzen stehen, durchschneidet und so letztere niederwirft. Die Haue hilft nach, größere Erdklumpen werden an manchen Orten mit dem sogen. Knoller, einem bestielten Querbrett, zerschlagen. Der Acker wird hierauf wie die anderen "Kornländer" gedüngt, gepflügt und gestreift. Dann zeichnet man die Furchen aus. Dazu hat man ein eigenes Instrument, den "Türkenzieher" oder die "Türkenrodel", so genannt, weil letztere einem 4 - 5 kufigen Schlitten gleicht. In diese bezeichneten Linien werden nun mit dem zwölfzinkigen "Türkensetzer" die Löcher gestoßen, in welche das dahintergehende Weibsvolk aus der Schürze je ein Türkenkorn wirft, worauf es die Grube mit dem Fuße zutritt. Manche haben darin eine solche Übung, daß sie mit beiden Händen gleichzeitig die Körner in die Gruben werfen. Für dieses Türkensetzen hat man schon beim herbstlichen "Auspratschen" die schönsten Kolben als "Samer" bei Seite gelegt. Sie werden gesondert in Büschel gebunden, sorgfältig zum Trocknen aufbewahrt und nach dem "Abmachen" in einer besonderen Truhe aufbewahrt, auch oftmals aufgerührt, damit sie nicht schimmeln. Oft erweicht man sie gleich dem Korn vor dem Setzen mit Wasser, Rings um den Türkenacker und in die mittelste Furche setzt man gewöhnlich eine Reihe Erbsen, Fisolen und Bohnen. Wo man ein eigenes Beet mit Hülsenfrüchten bepflanzt, säet man dieselben wie das Korn. Auch die Krautköpfe werden, falls man nicht ein ganzes Grundstück verwenden will, zwischen den Türken gesetzt.
Gleichzeitig mit dem Anbau des Türken trifft die Bestellung der Kartoffeläcker. Man pflanzt die Erdäpfel, auch Grundäpfel, Grund- oder Bodenbirnen genannt, gewöhnlich auf trockenen Sandboden, der zwar keine so reiche Ausbeute, aber Gewächse von vorzüglicher Güte liefert. Berühmt in dieser Beziehung sind die Bezirke von Feldkirch und Gisingen, die Gegend von Reutte, Telfs und Innsbruck. Das Geschäft des "Setzens" fällt gewöhnlich den Weiberleuten zu. Die betreffende Dirn hackt mit der Haue die Grube aus und wirft aus dem zu einem Sacke gebundenen Fürtuch die "Setzknollen" hinein. Durch das Aushauen der folgenden Grube wird unter Einem die vorangehende, schon besetzte, zugeschüttet. Sind zwei Dirnen, so "haut" die eine und die andere "setzt". Hat man einen eisernen "Erdäpfelsetzer", dann geht die Sache natürlich bequemer. Auch braucht man weniger Samen, nur muß man dann mit den Hauen die Erde "anschaufeln".
Alle diese bäuerlichen Arbeiten, die sich auf die Bestellung der Felder beziehen, sind in der breiten Talsohle ein Kinderspiel gegen die Mühe, welche die Bewohner jener rauhen Bergwinkel alljährlich darauf verwenden müssen, um den abschüssigen Fleck Erde, den sie der sonnseitigen Lehne abgetrotzt, in ordentlichen Stand zu setzen. So brauchen in manchen Seitentälern des Oberinntals und Pustertals, z. B. im Pfunderertal die Leute Steigeisen, wenn sie ihren Acker bestellen wollen. Oft sind die Lehnen so "stickel" (steil), daß man ein Gespann nicht verwenden kann und der Pflug von den Leuten selbst gezogen werden muß. In abschüssiger Lage ist es alljährlich nötig, die abgeschwemmte Ackererde in Körben wieder hinauf zu tragen. Man nennt dieses Geschäft "Erdschinden". Hiebei hat man verschiedene, oft komisch aussehende Arten und Vorrichtungen, um sich diese mühevolle Arbeit zu erleichtern. Der eine seilt sich mit dem Korb am Rücken an zwei Seilen, die an der oberen Ackergrenze befestiget sind, hinauf, ein anderer läßt sich bei seinem saueren Anstieg durch ein um die Mitte geschlungenes Seil, an das er sich lehnt, von zwei Kameraden hinaufziehen. Oft versieht das Geschäft der letzteren ein Pferd, das oben hin- und hergeht und die um Rollen laufenden Seile anzieht. Auch in Graten wird die abgeschwemmte Erde "aufgeradelt", ähnlich wie man einen Mörtelkübel in die Höhe seilt. Der Mist wird bei abschüssigen Lehnen auf dieselbe Weise hinaufbefördert, was man "Mistschinden" nennt.
Mit dem Bestellen der Mais- und Kartoffelfelder sind zwar die vorzüglichsten Frühlingsarbeiten der Hauptsache nach beendet, aber es gibt trotzdem noch immer draußen und im Hause genug zu tun. Vor Allem gilt es, den der Erde anvertrauten Samen vor den Schnäbeln verschiedener gefiederter Zweibeiner, sowie gegen den Einfluß anderer sichtbarer und unsichtbarer Mächte zu schirmen. Ersteres geschieht durch die Aufstellung von Vogelscheuchen verschiedenster Art, vom mittelsteirischen "Klopotic" (der Klapperer, aus dem Windischen entlehnt) angefangen bis zur Truggestalt eines verlotterten Handwerksburschen, der mit wackelndem Cylinder [Zylinder] und abgebogenen Schlapparmen aus dem Roggenfeld collegial herauszugrüßen scheint. Besonders die Türkenfelder werden von den Raben und durchwandernden Schnabelschmarotzern arg mitgenommen, weshalb man sie gleich nach dem Setzen auf die genannte Art zu verwahren sucht. Langeskornfelder sichert man durch kreuzweis gespannte Fäden u. s. w. Viel wichtiger ist dem Bauern die Wahrung des Ackers vor bösen Geistern und vor der Ungunst des Himmels. Dafür ist das "Palmen" gut. So gibt man von den am Palmsonntag geweihten Palmzweigen und von den am Charsamstag [Karsamstag] gesegneten Kohlen in die Mitte und an die vier Ecken des frisch angesäeten Ackers, oder man verfertigt aus den bei der Feuerweihe angebrannten Osterscheitern kleine Kreuze und steckt sie in das Feld, um dasselbe gegen den Abfraß und Hagelschlag zu schützen. - Ebenso werden beim Pflügen drei kleine Kreuze in die erste Furche gelegt. Aber auch unter den Vierbeinern gibt es schlimme Gäste. Die Scheermäuse, diese Wühlhuber der Wiesgründe, halten den Gemeindescherer oder Talper (von dem romanischen talpa, Maulwurf) wochenlang in Atem. Um ihnen das Handwerk zu legen, wird oft "gewässert", meistens mit nicht viel Erfolg. Einen Teil der Zeit nimmt das "Räumen" der Wiesen und das "Reiserrechen" im Walde in Anspruch. Gewöhnlich tun dies Buben und Mädeln, die sich dabei sehr wohl suhlen und jodeln und singen, daß der Wald wiederhallt. Man benützt das "Raumig" teils zum "Strebstreuen", teils als Brennmaterial für den Herd. Ist es unbrauchbar, dann wird es als "Falz" oder "Pofel" verbrannt. Durch ein solches unvorsichtiges "Pofelbrennen" ging am 4. Mai 1880 der ganze Ort Nauders (Oberinntal) in Flammen auf. - Auch die Bergwiesen sollen bei geordneter Wirtschaft um diese Zeit, gewöhnlich im Mai, "geputzt", d, h. mit Rechen vom Gestrüpp etc. gereinigt werden, damit später beim Mähen kein Anstand sei.
Während dies den Knechten und Söhnen obliegt, bleiben Bauer
und Bäuerin zu Hause nicht müßig. Letztere hat Wäsche
zu bleichen und das Hausgärtchen, ihre Domäne, zu bestellen.
Streng genommen will es zwar der Brauch, daß man mit "Garteln"
schon am St. Gertraudentag (17. März) beginne, weil diese Heilige,
wie die Legende erzählt, die erste Gärtnerin war. Die Bäuerin
sorgt daher wenigstens, daß der Knecht oder Sohn an diesem Tage
ein paar Stunden erübrige, um im Hausgärtchen mit Schaufel und
Pickel zu hantieren. Mit Dünger sind die Beete bereits früher
bedacht worden. Der Bauer hat im Baumgarten zu schaffen. Die Bäume
müssen geschneitet werden, die Türen in Tenne und Schupfen (Schoppen)
erfordern Nachhilfe und besonders der Zaun um Haus und Feld bedarf einer
gründlichen Ausbesserung. Dieses Zäunen ist nicht so einfach,
ja unter Umständen eine gar heikle Sache, wenn man nicht den Spott
der Nachbarn auf sich laden will. So muß z. B. das Ende des Scharlings
(Zaunbandes) gegen das Haus desjenigen schauen, dem das Zäunen obliegt.
Wehe dem Bauern, der sich etwa herausnimmt, bei dieser Gelegenheit vom
Grund des Nachbars dadurch etwas herabzuzwacken, daß er den Zaun
vorschiebt. In alten Rechtsbräuchen kann man die strengste Strafe
dafür lesen. An solchen Orten, wo viel Schnee fällt, oder welche
den Lawinen ausgesetzt sind, werden im Herbst die Zäune niedergelegt.
Diese müssen im Frühjahr nun wieder aufgerichtet werden. Man
sieht schon aus alledem, daß der Bauer im Frühling die Hände
nicht in den Schoß legen darf, wenn seine Haus- und Feldwirtschaft
gut bestellt sein will. Er unterzieht sich auch dieser Mühe gern;
er weiß ja, nach dieser Arbeit kommt bis zur Ernte keine sehr strenge
mehr, denn die weitere Pflege übernimmt eine bessere und kräftigere
Arbeitskraft, nämlich die Natur.
Quelle: Ludwig von Hörmann,
Das Tiroler Bauernjahr, Jahreszeiten in den Alpen, Innsbruck 1899, S.
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Rechtschreibung behutsam neu bearbeitet und auf den aktuellen Stand gebracht.
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