Die Granatler.
von Dr. Ludwig von Hörmann.

"Noth macht erfinderisch"; der Tiroler ist ein lebendiger Beleg für die Wahrheit dieses Sprichwortes. Es ist wirklich interessant, zu welch verschiedenartigen und eigentümlichen Erwerbszweigen die Kargheit der Natur den Bewohner dieser armen Bergtäler führte, wie sie ihn die unscheinbarsten Produkte derselben oft mit Mühe und Lebensgefahr zu Nutzen zu machen zwang und wie oft aus dem Einfall irgend eines findigen Bauerngehirns später eine mehr oder minder bedeutende Erwerbsquelle erwuchs. Ich erinnere nur an die Oberinntaler Vogelhändler *), an die Zillertaler Ölträger, an die Grödner Kunstschnitzer **), an die Tessineser Bilderhändler und andere derartige industrielle Erscheinungen, von denen freilich die meisten der wechselnden Zeitrichtung und der Konkurrenz zum Opfer fielen.

*) S. darüber Alpenfreund Bd. II. S. 123. **) S. darüber Alpenfreund Bd. III. S. 270.

Zu den originellsten zählen jedenfalls auch die Steinklauber und Stufenhändler, diese Gebirgsfreibeuter von Gottes Gnaden, denen die stiefmütterlichen Felsen ihrer Heimat zu Brot werden müssen. Unter ihnen sind die wichtigsten die sogenannten Granatler, welche sich, wie schon der Name sagt, mit der Gewinnung der Granaten beschäftigen. Dieser Edelstein kommt in Tirol, man möchte fast sagen, massenhaft vor. Er findet sich vorzüglich in dem silberglänzenden Tonschiefer des gewaltigen Gebirgsstockes, der sich vom hintern Zillertal über Pfitsch gegen das Ötztal zieht, und von da gegen den Orteles [Ortler] steigt. Schön tritt er am Timbljoch [Timmelsjoch] zu Tage; der Älpler nennt ihn das Pflaster der Salig-Fräulein, jener holden Sagengestalten, mit denen das Volk jenen Jochübergang bevölkert hat:

"Vom Timbljoch zum Rabenstein
Die Salig-Frau legt's Pfiaster ein"

Doch wie häufig das Vorkommen dieses Steines ist, von welchem man Stücke bis zur Größe eines Kindskopfes findet, so selten läßt er sich verwerten. Er ist nämlich in der Regel zu dunkel.

Zu einer industriellen Bedeutung hat es nur ein Fundort gebracht, der noch gegenwärtig eine hübsche Einnahmsquelle dem Besitzer gibt. Es ist dies das Granatenbergwerk am sogenannten Roßrücken, einem gegen 10.000 Fuß hohen Felsenkamme, der den Waxegger- und Hornsteingletscher trennt. Es liegt im innersten Winkel des Schwarzensteingrundes ***), einem Ausläufer des Zemmtales, somit gleichsam im Herzen der Zillertaler Eisberge, in einer Gegend, die wahrhaft verschwenderisch mit all' der Pracht des Hochgebirges ausgestattet ist. Unweit davon befinden sich die Waxegger- und Schwarzensteinalpe, beide jedoch von ihm durch mächtige, klüftereiche Eisströme getrennt. Weiter östlich kommt noch ein dritter gewaltiger Gletscherarm vom südlichen Horn herab, so daß drei Eisströme sich hier mit ihren Enden begegnen. Zwischen beiden ersteren nun, dem Waxegger- und Hornsteingletscher ragt der Roßrücken kammähnlich empor. Er ist ein in seinem obersten Teile öder und toter, von Schrofen, Fernern und Steingeröll eingeschlossener Felsenrücken, an dessen westlicher Seite die Wände steil abfallen. Ein gut Stück hinauf findet sich magere Schafweide. Weit oben, beiläufig in einer Höhe von 9800', befinden sich die Gruben, aus denen die Granaten führenden Blöcke des weichen grauen Glimmerschiefers gebrochen werden.

***) Vergl. darüber auch Alpenfreund Bd. III. S. 11 u.s.w. ("Im Hintern Zillerthal" nebst Tableau).

Das Bergwerk besteht über 100 Jahre und hat schon ein Stück Geschichte aufzuweisen. Entdeckt hat es Andrä Kreidl, ein Bauer und Wilderer zu Hollenzen bei Mayrhofen. Derselbe begab sich einmal nach Waxegg und stieg von da auf den Roßrücken zur Gemsenjagd. Bald hatte er auch einen stattlichen Bock erlegt, gerade an der Stelle, wo sich gegenwärtig das Bergwerk befindet. Während er da an dem erlegten Tiere die Waidmannsarbeit verrichtete, bemerkte er an einem neben ihm liegenden Steinklumpen merkwürdige Einwüchse. Er hatte wohl vom Hörensagen einen "Dunst" von Granaten, und daß sie als Feuersteine bei Schießgewehren gut brauchbar wären, wußte aber nicht, daß man sie auch als Schmucksteine verwerten könne. Er suchte mehr herum und fand sie nun auch am Felsen des Roßrückens hervorschauen. Er erkundigte sich nach Käufern, und da er solche fand, die wenigstens die größeren Stücke als "Feuersteine" abnahmen, so bewarb er sich Anno 1747 beim Ärar um die Erlaubnis zum Granatensammeln, die ihm auch gegen die Erlegung eines "Willengeldes" von einem Gulden jährlich und gegen die Verpflichtung "Musterstücke zur Einsicht für das hochfürstliche Cabinet und überhaupt zum allfälligen Gebrauche des Hofes nach Salzburg einzuliefern" erteilt wurde. Er fing nun mit einigen Leuten an, am Roßrücken zu arbeiten, zu sprengen, die Granaten durch Reibung vom Muttergesteine zu reinigen und sie wie gesagt als Feuersteine zu verkaufen. Diese primitive Art von Ausbeutung und Verwertung wurde von Kreidl durch beiläufig zwanzig Jahre betrieben, bis sein Sohn Jakob von Innsbruck aus nähere Kunde darüber erhielt, daß sie nämlich zu Prag in Böhmen gekauft, geschliffen und als Schmucksteine verwendet würden, und daß sie dort auch die kleineren Stücke brauchen könnten. Nun erschien Geschäft und Arbeit freilich rentabler und wurde besonders seit dem Jahre 1827, wo Andrä Kreidl, der Enkel des Erfinders, die Fundstätte "Roßrückenkar" vom Ärar um 26 Fl. C. M. erstand und sich bald darauf damit belehnen ließ, auch großartiger und energischer betrieben. Erstlich baute man zwei Hütten, eine größere unten am Waxeggergletscher und eine zu äußerst in Schwarzenstein. Letztere wurde indeß bald wieder aufgegeben; erstere größere jedoch - man sieht sie von der Schwarzensteinalpe am Fuße des Roßrückens liegen - diente den Arbeitern als Aufenthalt und zum Säubern der Granaten. Man zerschlug die größeren Steinklumpen mit Hämmern, warf sie in hohe enge Kübel, ähnlich den Butterkübeln oder pustertalischen Mohnstampfen und stieß, mit Eisenstangen den Glimmerschiefer von den Granaten. Später geschah diese erste gröbere Arbeit in einer weiter oben, etwa dreiviertel Stunden unter den Stollen liegenden Steinhütte, die den Granatengräbern zugleich dürftigen Unterstand gewährte. Von da wurden dann die zerkleinerten Stücke in Kraxen und Holzschlitten, sogenannte Scheipfen, über den starkzerklüfteten Hornsteingletscher zur unteren größeren Hütte gebracht. Hier unterzog man sie der genannten weiteren Säuberung, schlug sie dann in Fäßchen und transportierte sie auf Mauleseln nach dem sechs bis sieben Stunden entfernten Mayrhofen in's Zillertal, wo sie in faßartigen Truhen im und vom Zillerbach nochmals tüchtig abgerollt und dann nach Prag als "böhmische Granaten" verkauft und versendet wurden.

Diese friedliche Ausbeutung des Granatenschatzes am Roßrücken dauerte bis 1836, in welchem Jahre sich eine andere Granatengräbergesellschaft, Peter Rieder und Konsorten, auf der östlichen Seite des Roßrückens und auf dem obersten Kamme festsetzte und der ersteren Konkurrenz machte. Anfänglich scheint Andrä Kreidl diese Beeinträchtigung seines Erwerbes ziemlich gleichgültig hingenommen zu haben und erhob auch gegen die Belehnung des Rieder bei der gleichzeitig erfolgten "Auspflöckung" der beiderseitigen Gebiete keine Einsprache. Bald darauf aber, - sei es, daß es ihn reute, sei es aus Neid - kam es zu ernstlichen Reibungen zwischen beiden Parteien. Die Folge war ein langjähriger Prozeß des Andrä Kreidl mit dem Ärar, von dem Peter Rieder im Jahre 1836 sein Grubenfeld als Lehen erhalten hatte. Andrä Kreidl klagte wegen Besitzstörung, bestritt die Belehnungsgültigkeit des Peter Rieder und berief sich auf seinen Kaufbrief vom Jahre 1827, nach dem er den Roßrücken vom Ärar "in Bausch und Bogen" erstanden habe. Das Ärar in Vertretung des P. Rieder und Konsorten hingegen machte geltend, daß A. Kreidl nur den "Weideplatz Roßrückkar" gekauft habe, was schon der Name Kar anzeige, worunter man gemeiniglich "eine von Felsen eingeschlossene Weidebucht" verstehe, und daß sich somit der Bezirk des P. Rieder über der Vegetation, mithin auf ärarischem Grund und Boden befinde, also das Ärar das Recht gehabt habe, den P. Rieder damit zu belehnen. Der Prozeß zog sich, wie es zu gehen pflegt, sehr in die Länge, da er, kaum beendet, stets wieder neu aufgenommen wurde, Tagsatzungen, Schreibereien und Berufungen, Zeugenverhöre und Inspizierungen reichten sich abwechselnd die Hand. Die Untersuchung drehte sich hauptsächlich um die Feststellung des Begriffs "Roßrückkar" und um die Ausdehnung des Kreidl'schen "Weideplatzes", in den nach Behauptung des Kreidl das Rieder'sche Bergwerk noch fallen sollte. Nun wächst aber in der Nähe des letzteren kein Gras, nur hier und da spärlicher Jochspeik und Gemsbürstling, und selbst, wenn eines wüchse, wäre es nie möglich, das Kleinvieh auf diese haarsträubenden Punkte hinzutreiben. Zudem ist diese dubiöse Alpenparzelle durch eine anderthalb Stunden lange Gletscherzunge von dem Kreidl'schen Roßrückkar getrennt, so daß man nur mit Steigeisen dahin gelangen kann; auch eine mächtige Schlucht trennt die beiden Reviere. Die ärarische Untersuchungskommission war daher nicht wenig erstaunt, auf jenem verlorenen Posten noch Schafe anzutreffen. Die schlauen Hirten des Kreidl hatten, wie die Fama ging, und die Prozeßakten teilweise bestätigen, die Tiere - hinaufgetragen, um so die Richtigkeit ihrer Behauptung zu erhärten. Der Prozeß dauerte übrigens bis in die fünfziger Jahre und wurde schließlich, wie sich voraussehen ließ, vom Ärar gewonnen.

Das Prozessieren muß übrigens der Mühe wert gewesen sein, denn die Kreidl haben es durch die Granatengräberei zu einem bedeutenden Vermögen gebracht, da damals diese Steine als Modeartikel gut abgingen. Zur Zeit der Blüte waren 16-18 Arbeiter beschäftigt, gegenwärtig sind nur noch vier Leute im Bergwerke tätig. Es gehört jetzt einem gewissen Tiggl, Bauer in Mayrhofen, und befindet sich nicht mehr am eigentlichen Roßrücken, sondern an der östlichen Umrahmung des Hornferners, wo dieser leichter zu Passieren ist, da seine Klüfte und Wände an der Westseite den Zugang zu den früheren Gruben, besonders im Spätsommer, wo die Spalten offen sind, nicht mehr ermöglichten. Dessenungeachtet ist die Passage noch immer gefährlich und vorzüglich die Partie von der obern Granatenhütte zur untern, wo der Steig knapp am Ferner hinführt, nur Schwindelfreien anzuraten. Im Bergwerke selbst wird immer schachtmäßig unter Tags gearbeitet. Die "Tagschicht" betrug früher einen Gulden C. M., gewiß wenig für die schwere Arbeit und den halsbrecherischen Transport der Steinlasten über und neben dem Ferner zu den Hütten. Trotzdem hörte man nie von größerem Unglücke; es fiel wohl hie und da ein Arbeiter in eine Eisspalte, wurde aber von seinen Kameraden stets glücklich wieder herausgezogen. Fällt aber ein Granatenschlitten oder ein mit Lebensmitteln und Kleidung beladener Korb hinein, so machen sich die Arbeiter wenig daraus, da, wie sie sagen. Alles nach sieben bis acht Jahren wieder an die Oberfläche kommt, ohne im Geringsten Schaden zu leiden ****). Bei anhaltend schlechter Witterung, oder wenn sich das gewonnene Material gehäuft, wird in den beiden Hütten gearbeitet; gewöhnlich jedoch bleiben die Arbeiter tagsüber im Bergwerke und kommen nur Abends zur untern Hütte, wo sie ihr Nachtlager haben. Oben würden sie es auch nicht so lange aushalten, da sie das Holz hinauftragen müßten. Die untere Hütte liegt, wie schon Eingangs erwähnt, hart am Fuße des hier steil abfallenden Roßrücken am Ausgange des Waxegger- und Hornsteinferners, etwa 20 Minuten von der Waxegger Almhütte entfernt, von ihr jedoch durch einen Arm des Waxegger Gletschers getrennt. Auf den ersten Blick möchte man sie für eine Almhütte halten, doch verraten bald die Haufen tauben und zerbröckelten, oft mehlartigen Glimmerschiefers ihre eigentliche Bestimmung. Das erste Verlaß, das man betritt, ist eine ziemlich große Küche, deren Herd eine riesige Steinplatte mit den üblichen Sitzen ringsherum bildet. Rechts davon gelangt man in die Werkstätte, wo Alles kunterbunt durcheinander liegt: Werkzeuge aller Art zum Zerkleinern und Säubern der Granaten, solche selbst einzeln und in Stufen, Kerzen, Messer, Pfeifen, Karten, Gebetbücher, Rosenkränze, Brotreste, Mineralien ec. An den Wänden hängen Schnerfsäcke, Stricke, Steigeisen. In der einen Ecke ist zum Behufe der Arbeit auf einem Gestelle eine massive Steinplatte angebracht, darüber ein altes Kruzifix, in der andern steht der Ofen. Die gemeinsame Schlafstätte besteht aus einem kleinen, mit Heu ausgelegten Verschlag neben der Küche.

****) Diese Erscheinung wird in dortiger Gegend auf eine ganz eigentümliche Weise erklärt, die ich einem Briefe des wackern Schullehrers von Dornauberg, Sebast. Hörhager, wörtlich entnehme: "Das Wasser quillt an verschiedenen Orten in Quellen aus den Bergen, und zwar Sommer und Winter gleich viel; im Sommer stürzt es mit dem Aperwasser ab und bildet die Bäche; im Winter aber gefriert es gleich unter dem Eis und vergrößert von unten die Eisberge; oben apert es wieder im Sommer, und so wird also fast jeder Gletscher in einer Zeit von sieben - acht Jahren ganz umgesetzt und wieder erneuert." Ein ganz eigentümlicher Stoffwechsel!

In dieser Hütte nun hantieren vier bis fünf wettergebräunte, bestaubte Gesellen und schlagen, stoßen und feilen darauf los, daß einem Hören und Sehen vergehen könnte. Die Leute sehen mit ihren tiefgefurchten, verwitterten Gesichtern wie die Ruinen aus. Leicht begreiflich; man denke sich nur die anhaltende, strenge Arbeit in einer Höhe von 9 - 10.000', jeder Unbill des Wetters ausgesetzt; den sichern Tod vor sich, wenn einer auf diesen halsbrecherischen Pfaden strauchelt oder eine Strickleiter bricht. Dessenungeachtet sind die Leute äußerst zufrieden und mit jenem Zug der Gemächlichkeit begabt, wie er solchen Naturmenschen eigen ist. Einer aus ihnen arbeitete schon 30 Jahre im Bergwerke. Jeden Sonntag geht ein Mensch nach Mayrhofen, um Lebensmittel zu holen; er ist zugleich der Bote für die unweit davon liegende Schwarzensteinalpe.

Letztere ist die Unterkunftsstätte für die übrigen Steinklauber, die sich in dieser Gegend herumtreiben. Dazu gehören die "Federweiß-" oder Asbestgräber, die die Eingangs erwähnte aufgelassene Granatenhütte zu äußerst in Schwarzenstein als Atelier benützen, und die eigentlichen Mineraliensucher, die den Felsen sogar mit Pulver zu Leibe gehen, die wildesten Schrofen abschnüffeln und die dortige Gegend fast unterminiert haben. Sie suchen vorzüglich nach Amethistkugeln, nach dem teuern Apatit, Turmalin, Pistazit, Magneteisenstein, Sphen und andern mineralogischen Kaufstücken. Sie haben im Ganzen einen guten Blick und kennen sich überhaupt mit den Mineralien und deren Fundorten vermöge ihrer langen Praxis gut aus. Ein Mal kam einer ganz rot von oben bis unten aus einem Seitental, wo er den ganzen Tag einen mächtigen Amethisten aus der roten Erde herausgearbeitet hatte, den ihn sein Instinkt da suchen ließ. Da nur gute Ware ihre Mühe entschädigt, so sind sie mit der Auswahl ziemlich heikel. Oft ist ihnen das Glück günstig, und dann beträgt die Steinausbeute eines Tages oft 50-60 Fl. Freilich vergehen dann wieder Wochen, ohne daß sie etwas Nennenswertes aufstöbern; denn da das ganze Revier schon lange abgesucht ist, so werden die Fundorte immer seltener. Sie warten daher sehnsüchtig, bis wieder ein Stück Felsen vom Eise frei wird, das sie ausbeuten können. Abends kommen sie dann gewöhnlich mit ihrer Beute in die Schwarzenstein- oder Waxegger Almhütte und reinigen die Mineralien mit Bürsten und Holz vom tauben Gestein. Es sind eigentümliche Leute, die ziemlich geheimnisvoll tun und nicht viel Worte machen. Das beständige Herumstrolchen im einsamen Gebirge gibt ihnen etwas Verwildertes, ja fast Unheimliches. Sie halten sich gewöhnlich nur kurze Zeit auf und gehen dann besonders in's benachbarte Pfitsch. Aber auch andere Täler stellen ihr Kontingent. So holen sie aus dem Selrain (Lisens) [Sellrain (Lüsens)] den schönen Andalusit und Pinit, aus dem Ötztal (Gurgl) freie und in Glimmer eingewachsene Granaten, aus Pregratten und Tefereggen [Defreggen] die Prehnite, aus dem mineralienreichen Fassa, von der Seiser Alpe die Stilbite und Analzime. Die Steine gehen teils nach Böhmen, wo sie als Schmuck geschliffen werden, teils in's Ausland, vorzüglich nach München und Augsburg, oder sie werden dem Innsbrucker Museum zum Kauf angeboten. Gewöhnlich aber haben die Mineraliensucher ihre eigenen "Kunden", bestimmte Absatzleute, welche ihrerseits den Handel im Großen betreiben und selbstverständlich den Hauptgewinn einstreichen. Ein bekannter Zwischenhändler war in den dreißiger Jahren ein gewisser Straßer im Zillerthal, der sich besonders mit dem Granatenhandel abgab. Eine Zeit lang waren eine gute Absatzquelle auch die Zillertaler Handschuhhändler, die den Mineralienhandel als Nebengeschäft trieben, von den Sammlern im Tale Alles zusammenkauften und ganze Kisten voll auf ihren Fahrten in's Ausland schleppten.

Quelle: Ludwig von Hörmann, Die Granatler, in: Der Alpenfreund, Monatshefte für Verbreitung von Alpenkunde unter Jung und Alt in populären Schilderungen aus dem Gesammtgebiet der Alpenwelt und mit praktischen Winken zur genußvollen Bereisung derselben. HG Dr. Ed. Amthor, 4. Band, Gera 1872, S. 9 - 15.

Für SAGEN.at korrekturgelesen von Mag. Renate Erhart, August 2005.
Rechtschreibung behutsam neu bearbeitet und auf den aktuellen Stand gebracht.
© digitale Version: www.SAGEN.at