Die Gründung von Archangelsk. Die Archangelsker Gasthöfe, Teil 2
© Oksana Fedotova
Die Gründung von Archangelsk, Teil 1
Die Gründung von Archangelsk, Teil 3
In den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts erlebte das völlig aus Holz gebaute Archangelsk viele Brände. Der erste Brand 1611 vernichtete einige Wohnviertel. 1636 wurden von einem starken Brand die Bauten des Erzengel-Michael-Klosters vernichtet, damit auch die halbe Stadt.
Als die Stadt die Möglichkeit bekam, das erste Gebäude aus Stein zu errichten, wurde beschlossen, ein Schiesspulverlager zu bauen, denn das alte war aus Holz und darum sehr gefährlich.
Das Pulverlager wurde von Moskauern Maurern 1647 errichtet. Ein Brennofen wurde aufgestellt, um Ziegel zu bekommen. Das war die erste Erfahrung des Bau aus Stein in Archangelsk.
1663 während des Brandes in Strelitzensloboda verbrannte auch die hölzerne Festung. Um die Waren vor Brand zu schützen, wurde auf Befehl des Zaren Alexej ein Projekt für die Errichtung des Handelsgebäudes von staatlicher Bedeutung entwickelt, das auch die Funktionen einer Festung ausüben musste – der so genannten Gasthöfe.
Der Bau der Archangelsker Gasthöfe begann 1668 und dauerte 16 Jahre. Solch eine lange Zeitperiode lässt sich durch einen großen Umfang der Arbeiten erklären, die nur im Sommer und im Herbst geleistet wurden. Ein Teil der Baustoffe wurde nach Archangelsk aus anderen Städten gebracht, der Ziegel auch aus Holland.
Die Errichtung der Gasthöfe in Archangelsk begann 3 Jahre später nach der Errichtung des Moskauer Gasthofes. Aber die Archangelsker Gasthöfe waren größer als die in Moskau gedacht, und komplizierter.
Die Mauer der Gasthöfe von der Flussseite war 400 m lang. Der Plan hatte die Form eines länglichen Vierecks mit 4 Türmen an den Ecken und 2 Türmen über den Toren in der Mitte der der Uferstrasse paralleler Mauer.
Die Gasthöfe bestanden aus 3 Teilen: dem Russischen Gasthof (168 m x 192 m), dem Deutschen Gasthof (128 m x 192 m) und der steinernen Stadt dazwischen, wo der Hauptraum der Gasthöfe lag – ihr Handelsplatz. Unabhängig von solcher „Teilung“ waren die Gasthöfe ein einheitlicher Komplex.
Der Plan der Archangelsker Gasthöfe.
(Ausstellungssaal des Archangelsker Heimatkundemuseums)
- Der Russische Gasthof.
- Die steinerne Stadt mit dem Handelsplatz.
- Der Deutsche Gasthof.
- Der Adlerturm.
- Drei Anlegestellen an der Dwina.
Der größte Turm befand sich im Zentrum der Vorderseite der steinernen Stadt. Oben auf dem Turm wurde das Wappen Russlands aufgestellt – der zweiköpfige Adler, darum wurde der Turm selbst Adlerturm genannt.
Der Adlerturm. Das Modell der Gasthöfe in Archangelsk.
(Ausstellungssaal des Archangelsker Heimatkundemuseums)
1684 wurde der großartige Bau beendet. Nach der Errichtung der Gasthöfe wurde Archangelsk noch mehr unter den Ausländern bekannt. 1693 hat der Zar Peter I. zum ersten Mal Archangelsk besucht, und war von den Gasthöfen begeistert.
Die Truhe mit einem Geheimschloss aus dem Gasthof, der 17.Jahrhundert.
(Ausstellungssaal des Archangelsker Heimatkundemuseums)
Im 18.Jahrhundert wurde der internationale Handel von Peter I. nach von ihm gegründetem Sankt-Petersburg verlegt und das hatte schlechte Folgen für Archangelsk. Die Gasthöfe wurden wenig benutzt, im Jahre 1725 wurden nur 46 Räume aus 216 den Kaufleuten vermietet. Die Gasthöfe gerieten in Verfall und es gab kein Geld, um die notwendigen Reparaturen zu machen. Im Deutschen Gasthof richtete sich der Zoll ein, im Russischen Gasthof wurde ein Teil der Räume als Lager für Wein und Salz benutzt, die im Sommer nach Archangelsk gebracht wurden.
Das steinerne Relief aus den Mauern des Gasthofes.
(Ausstellungssaal des Archangelsker Heimatkundemuseums)
In den 70-er Jahren des 18.Jahrhunderts befand sich das Gebäude im Notstand und es wurde beschlossen, es zu rekonstruieren. Die steinerne Stadt und der Deutsche Gasthof wurden abgetragen. Die Ruinen des Deutschen Gasthofes konnte man noch auf den Fotos des Anfangs 20.Jahrhunderts sehen, aber auch die wurden später zerstört.
Der steinerne Schmuck des Gasthofes.
(Ausstellungssaal des Archangelsker Heimatkundemuseums)
In der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts wurden der nördliche, der östliche und der südliche Teile des Russischen Gasthofes zerstört. Nur der westliche Teil die Uferstrasse entlang ist bis heute geblieben.
Der Gasthof in Archangelsk.
© Oksana Fedotova, 25.März 2006
Und doch, der erhaltene Komplex – der Teil des Russischen Gasthofes mit dem Nördlichen Turm, der im Zentrum der Stadt auf der Uferstrasse liegt - macht auch heute einen besonderen Eindruck und wirkt imposant.
Der Gasthof in Archangelsk. Der Nördliche Turm.
© Oksana Fedotova, 27.Mai 2006
Der Gasthof ist heute das älteste Gebäude auf dem Territorium von Archangelsk. Der Gasthof in Nowgorod (der typologisch dem Archangelsker sehr nahe war) wurde zerstört, die Gasthöfe in Smolensk (bei Moskau), Petrozawodsk (die Republik Karelien) sind verschwunden, der Gasthof in Moskau hat sein ursprüngliches Aussehen völlig verändert. Darum ist der Gasthof in Archangelsk eine sehr wichtige und einzigartige altrussische Anlage, die als Beispiel der Vereinigung der Handels- und Verteidigungsfunktionen in einem Gebäude dient.
1981 wurde der Gasthof dem Archangelsker Heimatkundemuseum übergeben. Jetzt befinden sich im erhalten gebliebenen Teil des Russischen Gasthofes einige Ausstellungsräume des Museums.
Archangelsker Heimatkundemuseum.
Museums-Ausstellungskomplex „Gasthof“ Archangelsk,
© Oksana Fedotova, 27.Mai 2006
Der Gasthof wird zur Zeit restauriert und wir alle hoffen, dass es der Stadt gelingt, dieses wichtige historische Symbol von Archangelsk nicht zu verlieren…
1. Der Strelitze – im Russischen Staat des 16.-17.Jh ein Armeeangehöriger eines besonderen ständigen Heeres (S.Oshegow. Das Wörterbuch der russischen Sprache, Moskau, 1989, S.771).
2. Der Gasthof – in einigen Städten: in alten Zeiten in der Regel aus Stein gebaute Marktreihen. (S.Oshegow. Das Wörterbuch der russischen Sprache, Moskau, 1989, S.145).
Quellen:
1. B.Gnedowskij, E.Dobrowolskaja „Um Archangelsk herum“, Moskau, Verlag „Kunst“, 1978. S. 73-80.
2. J.Baraschkow „Archangelsk. Architektonische Biografie“, Nord-Westlicher Buchverlag, Archangelsk, 1984. S. 17-29.
3. „Denkmäler des Archangelsker Nordens“, zusammengestellt von A.Kuratow. Nord-Westlicher Buchverlag, Archangelsk, 1991. S. 108-124.
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