RAUCHENWARTH

Rauchenwarth, Niederösterreich

Rauchenwarth, Niederösterreich © Harald Hartmann

Rauchenwarth, Niederösterreich
© Harald Hartmann, 1. November 2004

Wallfahrtskirche um 1773 bis 1776 errichtet, daneben ältere Bründlkapelle. Eine noch ältere zweite Bründlkapelle, auch Brunnenkapelle, genannt, draußen in den Feldern, ist heute Ruine, war aber ebenfalls Heilbrunnenkultstätte. Der dort befindliche Brunnen war etwa 17 m tief. Im Frühling 1652 entsprang auf dem Grund, der dem Wiener Chorherrenstift St. Dorothea gehörte, in einem Weingarten "ein kleines Wässerl", das noch im selben Jahr wunderbare Heilwirkungen erzielte. Man dachte daran, noch im Jahre 1652 ein Mirakelbuch darüber zu verfassen. Wahrscheinlich im gleichen Jahre wurde dort eine Kapelle in "Form einer Geheimnissäule" erbaut und die Pfarrer von Wienerherberg lasen dort Messe, auch als die Quelle zu versiegen begann. Die Kapelle war jedenfalls das Ziel von Prozessionen, wie dies Marktrechnungen von 1705 besagen. Nachdem die Quelle längere Zeit versiegt war, zeigte sie sich am 28. Juni 1697 wieder und es gingen in diesem Jahr schon 57 fl. 34 kr. Opfergelder ein, im Jahre 1699 bereits 248 fl. Es scheint aber, daß die Quelle nun an einem anderen Orte wieder zum Vorschein kam, und zwar dort, wo nun auch die Mariabründlkirche seit 1773 steht und daneben die zweite neuere Bründlkapelle, die 1718 "von mildreichen Händen" (Diöz.Archiv) über dem Brunnen erbaut wurde, zu dem man auf einigen Stufen hinabsteigt. Das Wasser wird aus der Zisterne mit einem Eimer heraufgezogen. Die Kapelle trägt die Aufschrift: "Hl. Maria, Heil der Kranken, bitte für uns." Der Kapelle gegenüber, für die im Jahre 1825 vom Markte 10 fl. ausgegeben werden, liegt die Mariabründlkapelle, die 1828 renoviert wurde. Unter ihren Gönnern befand sich der Herzog von Reichstadt und Fürst Metternich. Wann die erste Bründlkapelle in Verfall kam, ist unbekannt. Schon 1707 (zuletzt 1782) betreuten Einsiedler die beiden Bründlkapellen, da sie damals die Erlaubnis erhielten, dort einen Ölberg zu errichten, und 1773 für das Lampenöl beim Eccehomobild 5 fl. jährlich erhielten. -

In der Kapelle Kreuzigungsgruppe aus Holz mit hl. Maria und hl. Johannes Ev. - In der Kirche sitzende hl. Maria mit Kind rechts auf dem Schoß, daneben der hl. Johannes B. als Knabe, Gem. (18. Jahrhundert). -

Legende:

bisher noch nicht aufgefunden.


Hintergrundinformation aus volkskundlicher Sicht:

Rauchenwarth, Niederösterreich © Harald Hartmann

Rauchenwarth, Niederösterreich
© Harald Hartmann, 1. November 2004

Heilquelle, man wusch sich mit dem Wasser und trank es auch. Bereits 1652 wurden 17 gnadenbezeugende Heilungen festgestellt, mehrfach bei Augenleidenden. Da man in dieser Gegend an Wassernot litt, wollte man den Brunnen ursprünglich zu Nutzzwecken verwenden, was aber eingestellt wurde, weil sich sofort Strafwunder (Jamata) ereigneten. Auch das Türkenmotiv spielte hier eine Rolle. Leider scheint die Ursprungslegende darüber verlorengegangen zu sein, doch weist vor allem das sogenannte Bründlfest am Sonntag nach dem 8. September, das zum Dank für Errettung aus Türkengefahr abgehalten wird, darauf hin. In das Kirchtagstreiben dieses Festes wird auch ein Besuch bei der älteren zerstörten Bründlkapelle einbezogen. Bei diesem Fest werden die berühmten Rauchenwarter "Bründlkipfeln" (Anspielung auf den türkischen Halbmond) verkauft *). Mit dem Türkenmotiv hängt auch ein Votivbild in der Kirche (s. unten) zusammen. -

Hinter der Verglasung in der Kirche herkömmliche Votive. In der Bründlkapelle Haaropfer. Großes Votivbild des 18. Jahrhunderts in der Kirche über der Sakristeitür zur Erinnerung an die Befreiung Wiens von den Türken mit Ansicht von Wien, oben die hl. Cyrill und Method. Näheres darüber unbekannt. -

Bekanntheit: Wien und Umgebung, aber selbst in Mähren bekannt. Prozessionen von Zwölfaxing. Schon 1720 Messestiftungen, früher zu allen Oktaven der Marienfeste "gesungene Lobämter". Wallfahrt jetzt stark zurückgegangen.

Mirakelbuch: In den Akten des Wiener Diözesanarchives bereits 1652 zahlreiche Gebeterhörungen zusammengestellt, um ein "ordentliches Buch" unter dem Titel: "Origo fonticuli salutaris" zu verfassen, wozu es aber nicht kam.

Rauchenwarth, Niederösterreich © Harald Hartmann

Rauchenwarth, Niederösterreich
© Harald Hartmann, 1. November 2004

Quelle: Gustav Gugitz, Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch, Wien 1956, Bd 2, S. 156 - 157
*) die Rauchenwarter "Bründlkipfeln" werden derzeit beim Bründlfest nicht gebacken. (Email-Zusendung Heidi Pflug, 1. Oktober 2005

Ergänzungen sind gerne willkommen!