Allerseelen

28. An diesem Tage sind Geld- und Brotspenden an die Armen allgemein üblich; das verschenkte Brot nennt man "cuz" oder "cuzza", bei Pergine "calèse" (vielleicht "Kletze"). In Val di Ledro drohen die Kinder die Thüre [Türe] zu beschmutzen, wenn man ihnen kein Brot gebe — —

                                                     "Dème el cuss,
                                                     Se no, ve sporco l'uss" (d. i. uscio).

In Judikarien (Lomaso) bewirthen die Reichern an diesem Tage die Armen mit einer Bohnensuppe.
[Vgl. Gabr. Rosa, dialetti e costumi S. 169.]

29. Im Bassanesischen, jenseits der venezianischen Gränze, wird es an mehrern Orten als frommes altes Gebot betrachtet, in der Allerseelennacht die Eimer in der Küche wol mit Wasser zu füllen, damit die armen Seelen, wenn sie kommen, ihren Durst löschen können. [Vgl. Zingerle, Gebräuche Nr. 822—824]

30. Es besteht auch der Glaube, dass in der Allerseelennacht die armen Seelen der Verstorbenen eines Hauses oder einer Familie unter dem Boden der Stube verweilen dürfen.

31. In Nonsberg (Cloz) besteht die Sitte, dass am Nachmittage des Allerheiligentages die Leute auf den Gräbern ihrer Angehörigen den Geistlichen erwarten und wenn er kommt, die Rosenkränze auf die Gräber legen. So lange dieselben liegen bleiben, bleibt auch der Geistliche am Grabe stehen und betet; sobald sie aufgehoben werden, geht er zu einem andern Grabe. Zugleich werden kleine Geldstücke geopfert
Verzierung der Gräber, wie in Deutschtirol, findet in Wälschtirol nicht statt. Leider sind die Gottesäcker häufig verwahrlost.

Quelle: Chrsitian Schneller, Märchen und Sagen aus Wälschtirol, Innsbruck 1867, S. 236
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Helene Wallner, 2007.
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