Schützenleben.
Die Tiroler sind ein geborenes Schützenvolk. Es dürfte wenige Bauernstuben geben, in denen man nicht ein Gewehr oder mehrere an der Wand hängen sieht. Freilich sind es oft wahre Musterexemplare von Altertümlichkeit und würden eher in eine Seltenheitenkammer passen; aber dennoch steht so ein altes "Scheit" in hohem Ansehen, und sei es auch nur, um bei der Fronleichnams-Prozession mitkrachen zu können, ob ein paar Minuten früher oder später, tut zur Sache nichts. Heikler ist es nun schon, wenn es auf die Scheibe geht. Man hat Tirol oft einen großen Schießstand genannt, und mit Recht. Das Schützenwesen blüht gewiß nirgends, selbst in der Schweiz nicht, üppiger als in Tirol. Schlendert man an einem Sonntag über Land, so hört man es von allen Dörfern her lustig bollern und knallen. Das "Brettelbohren" ist einmal "dem Tiroler sei' Freud", und wer ein Stück tirolisches Volksleben sehen will, darf nur ein paar Stunden auf einem größeren Schießstande verweilen ; er kann da den Charakter und die Eigenheiten dieses Volkes besser kennen lernen, als aus einem Dutzend Beschreibungen von Land und Leuten.
Welch buntes Treiben herrscht da! Welch köstliches Gemisch von Leidenschaft und Gemütlichkeit, von Kernflüchen und Juchezern, von Lodenduft und Pulverdampf! Hier steht der junge Bursche in der grauen Joppe, den grünen Hut mit der Roblerfeder keck aufs Ohr gedrückt, den strammen Körper auf das Rohr gestützt. Er kann es kaum erwarten, bis sein weißhaariger Vormann losgeschnellt hat. Dieser ist ein altes Bäuerlein mit einem "Schießprügel" aus den Franzosenkriegen her; schon zweimal hat er angesetzt und schnaggelt auf und zu - jetzt - pums, ein tiefer Dreier. Es ist wirklich eine Freude, wenn man sieht, mit welchem Eifer diese Altkrieger der Luft des Scheibenschießens obliegen. Allerdings "naggelt" so eine Wettertanne im Stande und fuchtelt mit dem Rohr um das "Mal" herum, wie ein beduselter "Petrus" um das Schlüsselloch, aber endlich "fangt" er es doch und hat den Böller aufgejagt. Ungezwungene Fröhlichkeit umgibt dich ringsum, und die heitere Seite der Tirolernatur, die sich sonst oft hinter mißtrauischer Scheu verbirgt, schlägt hier mit aller Macht durch. Wenn der Böller kracht, Trommel und "Schwögl" (Querpfeife) hintendrein tönen, dann bricht der helle Juchezer aus des Schützen Brust, und er schwenkt dir das volle Glas zu, ob du nun ein Franzose oder Türke seist.
Um feierlichsten gestaltet sich das Schützenleben an den sogenannten "Kaiserschießen", besonders wie sie früher abgehalten wurden. Aus den hintersten Gebirgswinkeln kamen sie da herausgewandert, die "Thölderer" (Talbewohner) in ihren malerischen Trachten, den sichern Stutzen auf der Achsel, um sich die dukatengespickten Seidenfahnen zu holen. Stellwagen an Stellwagen, Leiterwagen mit Sitzbrettern belegt, alle Wagen mit Taxgewinden, Bändern und Fähnchen festlich geziert, brachten stündlich neuen Zuschub, während stromabwärts die mit Schützen vollgepfropften Flöße anfuhren. Straßen auf, Straßen ab, von früh bis spät wogte das festliche Gedränge der Schützen, bis sie alle am Hauptfesttag der feierliche "Schützenaufzug" vereinte. Man muß einen solchen "Aufzug" mitgemacht haben, um sich ein Bild von dem Leben zu vergegenwärtigen, das sich da entrollte. Die Blüte des Landes, vertreten durch Söhne aller Täler, zieht unter Trommel- und "Schwöglklang", die meisten von eigener schmetternder Blechmusik begleitet, mit flatternden Fahnen Stutzen schwenkend und ununterbrochen jodelnd und juchzend, durch die festlich geschmückte Stadt. Da marschieren, nach Gerichten geordnet, die ernsten, tiefsinnigen Oberinntaler mit den scharfgeschnittenen Gesichtern, die Ehrenberger, die Landecker, die Silzer, die Telfser u. s. w.; da jauchzt die strotzende Kraft des Unterlandes, die fidelen Zillertaler, die rauflustigen Brixentaler, die eigenartigen, lodenhosigen Duxer, da schnalzt der Zug der lebfrischen Pustertaler mit der zerfetzten Siegesfahne von Spinges, dahinter schreitet die Jungmannschaft der bedächtigen Meraner und Passeirer, als Nachhut die schmächtigen Gestalten der klugen Vinschger. Das ganze Land Tirol - ein Volk in Waffen - zieht da vorbei, jedes Tal seine Art ausprägend, neben silberköpfigen Greisen die blühende Jugend. So geht es durch die Gassen und Straßen der Stadt zu dem mit Fahnen und Tannenreisig geschmückten Schießstande, wo die Schützen mit feierlichen Böllerschüssen empfangen werden.
Hier entfaltet sich, sobald das Schießen eröffnet ist, das regste Leben:
. . . "Stutzen knattern, Kugeln pfeifen,
Mit den Fahnen scherzt der Süd,
Und die Augen Aller schweifen
Nach den Scheiben nimmermüd.
Dort ein Zweier, rechts, zu nieder!
Wein her! Wein ist Schützenblut!
Und zur Seite knallt es wieder,
Und der Zieler schwenkt den Hut." (Gilm)
Dieses beständige Knallen rechts und links, dem fast nach jedem dritten Schusse der dumpfe Pöller hinter der Scheibe antwortet, der schrillende Triller der "Schwögl" und der Wirbel der Trommel, so oft ein Schwarzschuß gefallen, der Pulverdampf und der Rumor beim Laden, 1) das Durcheinander und Rufen der Schützen an den Ladtischen und Gewehrrechen: Vordermann! Eintreten! Eins, zwei, drei! wirkt auf den nicht daran Gewohnten höchst aufregend, und ich nehme es Keinem übel, wenn er sich aus dem bewegten Ladhause zum Festsaal flüchtet, wo an der Hauptwand die Fülle der grünweißen und weißroten Seidenfahnen mit den Dukaten- und Silberstückreihen verlockend funkelt, zwischen ihnen das bekränzte Bild des Kaisers, des Spenders des wertvollsten all' dieser Herrlichkeit, darunter auf einem Tischchen der kunstvoll gearbeitete Goldpokal für den Schützenkönig und die andern Festgaben, Da steht wohl manches arme Talbäuerlein, das vielleicht in seinem Leben noch kein Goldstück gesehen, mit offenem Munde da und staunt wie versteinert die glitzernde Pracht an, die sich von dem Tannengewinde und Buschwerk der Türpfosten, Wände und Ecken lieblich abhebt. So war es in den Huldigungsjahren 1816 und 1838, so im Jahre 1853 beim großen Schießen zur Feier der Errettung des Kaisers aus Mörderhand, so 1856 bei der Ankunft des Erzherzogs Karl Ludwig als Statthalter von Tirol und endlich am großartigsten im Jahre 1863, als Tirol seine fünfhundertjährige Vereinigung mit Österreich feierte, als das ganze Land seinem Kaiser begeistert zujubelte und den Schwur der Treue erneuerte, ein Fest, das, einzig in seiner Art, in überwältigender Weise das Schützenleben und tirolische Volkstum zum Ausdruck brachte.
Das Schützenwesen erfuhr, wie wir später hören werden, in den letzten Jahrzehnten manche zweckmäßige, den Anforderungen der Neuzeit entsprechende Neuerung. An die Stelle des unbeholfenen Tirolerstutzens, der sogenannten "Schalper" oder "Bettstatt", wie man eine solche Schußwaffe spottweise nun nennt, trat vorerst das handliche Feldgewehr - vorerst der Werndlstutzen - und mit ihm die Errichtung von Weitscheiben. Für die viertelstundenlangen Purzelbäume der Zieler gab es beim Schnellfeuern der Jungschützen keine Zeit mehr; sie fielen trotz der entschiedensten Einsprache des alten Zielers "Kassele" von Landeck einer einfacheren Vorrichtung zum Opfer. Kein Wunder, daß bei diesem Umschwung der Dinge die bloße Gemütlichkeit zu kurz kam und manches bemooste Schützenhaupt, welches das Scheibenschießen als reine Ergötzlichkeit und nur zu oft als förmliches Raubhandwerk betrieb, dem städtischen Schießstande mit seiner neuen Schießordnung den Rücken kehrte und mit seinem alten Stutzen einem der vielen ländlichen Schießstände zuwanderte, um da nach der alten Weise bei einem "Schießet" auf 150 Schritte "mittun" zu können.
Auf einem solchen Dorfschießstande alten Schlages ist freilich nichts von städtischem Aufwand zu gewahren. Oft besteht er nur aus einer hölzernen Bude, meistens aber aus einem Häuschen mit zwei Ständen und einem Fenster in der Mitte, wo an seinem Tischchen der "Schützenschreiber" sitzt. Stände und Platz desselben sind durch ein Holzgitter vom Laderaum getrennt. An der Wand läuft eine Bank mit Kerbungen zum Hineinstellen der Gewehre. Andere Gerätschaften gibt es nicht, nur daß die Decke und Wände häufig das Bild des Kaisers und Scheiben mit Zentrumsschüssen zieren, die oft bemalt, mit dem Namen des Schützen und kleinen Fähnchen versehen sind. Ist ein größeres Schießen, so werden Holzbuden für "Schleckerstände" (Probierstände) angesetzt, und der Dorfwirt hat sich mit Bier, Wein u. s. w. in die Nähe festgesetzt. Diese ländlichen Schießstände sind größerer Sicherheit halber gewöhnlich abseits der gangbaren Wege am Waldrands oder an ein Flußufer hingebaut. Der Raum zwischen Stand und Scheibe ist meistens eine Au, oft ein Waldtälchen, anmutig umfriedet von Buschwerk und jungem Tannicht. Hinter den Scheiben, die mittels Hakenschrauben an Pflöcken hängen, welche ihrerseits durch einen Holznagel an dicken, festgerammten Pfählen stecken, ist eine starke, hohe, wegen des Blendens schwarz angestrichene Mauer aufgeführt, wenn nicht etwa eine Felswand den natürlichen Kugelfang bildet. Nächst den Scheiben befindet sich eine höchst ursprüngliche Schutzwehr für den Zieler. Seitenblöcke im Zwischenraum, welche das Quergehen von Kugeln verhindern, gibt es nur an großen Schießstätten. Die Schuhdistanz betrug früher 150 bis 180 Schritte; erst in neuerer Zeit hat man die sogenannten Weitschießstände zu 300 bis 600 Schritten errichtet. 2)
Mit der schönen Jahreszeit, gewöhnlich um "Antleßen" (Fronleichnam), beginnen auch die Schießübungen - jeden Sonntag wird gepufft - und dauern bis Mitte oder Ende September oder bis zum Kirchweihfest. Dazwischen fallen aber auch ordentliche Schießen, wo es etwas zu gewinnen gibt, bald in diesem bald in jenem Dorfe. Um ein Uhr nach dem Mittagrosenkranz wird begonnen. Da kommen die Schützen der Umgegend hergewandert, das Gewehr über der Achsel. Auch der Herr Pfarrer beteiligt sich gern am Schießvergnügen und trägt dadurch nicht wenig zu seiner Volkstümlichkeit bei. Die gebräuchlichen Waffen sind von sehr verschiedener Bauart. Die jungen Burschen haben jetzt fast durchgehend schon Werndlstutzen, daneben aber sieht man noch hie und da in der Hand manches älteren Bäuerleins einen Vorderlader.
Das ist nun freilich eine umständliche Geschichte, bis so ein altes "Scheit" geladen und abgeschossen ist. Es ist nicht mehr als billig, daß sich der Altkrieger mit einem Glase Wein zuvor starke. Dann nimmt er ein uraltes Pulverhorn vom Tisch, auf dem in buntem Durcheinander Lederbeutel, Ranzen (lederne Gewehrfutterale), Pulverhörner, Flaschen und Gläser, silbern blinkendes Spitzblei und Leinwandscheibchen liegen. Bedächtig öffnet er das Gefäß, mißt das Pulver erst im Pulvermaß und schüttet es hierauf mittels eines Trichters in den Schlund des Gewehres. Hierauf klopft er mit einem hölzernen Hämmerchen an den Schaft, um das Pulver in den Zündkanal gelangen zu lassen. Nun macht der Alte einen Pfropf aus Baumbart (Evernia jubata) und setzt denselben auf das Pulver. Dieser Pfropf soll zur Absonderung des Pulvers von der angefeuchteten Leinwand und zugleich als Reinigungsmittel dienen, da er durch seine rauhe Oberfläche wie eine Bürste wirkt. Ist dies geschehen, so ergreift er eine Kugel, in die nach dem alten Schützenglauben "des besseren Segens wegen" ein Kreuz geschnitten ist, benetzt gleichzeitig mit der Zunge ein Stück Leinwand, schlägt die Kugel samt der Leinwandhülle mit dem hölzernen Hammer in die Mündung des Stutzens, und nun wird gemächlich ein Messer gezogen, die überflüssige Leinwand abgeschnitten und die Kugel mit einiger Mühe hinabgeschoben. Jetzt endlich, nachdem er sie mit dem Ladstock noch ordentlich "angetrieben", kann's losgehen. Nun stelle man sich vor, wie hemmend diese umständliche Vorbereitung im Kriege sein mußte. Und doch waren es diese schwerfälligen Donnerbüchsen, welche einst den Scharen der Franzosen das Festsitzen in den Tälern Tirols verwehrten und deren Reihen lichteten. Vergessen darf man jedoch nicht, daß diese "gezogenen" Tirolerstutzen, was Schußgenauigkeit anbelangt, die damaligen Musketen bei weitem übertrafen. Jetzt müßte man sie als Waffe geradezu untauglich nennen.
Ist der Schuß gefallen, so tritt der Zieler vor die Scheibe und steckt seine "Kelle" in das geschossene Loch. Diese Zielerkelle ist eine mäßig große Holzscheibe, so daß sie auch auf eine weitere Entfernung gut sichtbar ist, auf der einen Seite weiß, auf der andern schwarz angestrichen, mit einem Handgriff und einem auf beiden Seiten hervorragenden Eisenstift versehen. Hat der Schuß das Weiße getroffen, so wird die schwarze Seite dem Schießstand zugewendet und umgekehrt. Das Loch wird dann mit einem "Diebel", das heißt einem eigens zugerichteten Holzstopsel, der auf der einen Seite die Schußnummer trägt, zugeschlagen und von ihm bis an den Scheibenrand ein Strich mit dem Bleistift gezogen. Dazu kommt die betreffende Nummer, damit, wenn ein solcher "Diebel" angeschossen wird, die Nummer aufzufinden ist. Diese "Diebel" hängen geordnet an einer Schnur, und wenn ein Schuß fehl geht, wird der betreffende zur Seite gelegt. Der Zieler macht dann vor der Scheibe das Zeichen des Fehlens, d. h. er öffnet und schließt die Arme oder deutet auf die Mauer hinter der Scheibe. Ist der Schuß "weiß", so rückt er einfach den Hut, ist der Schuß im "Zug", d. h. im Kreise, der außerhalb des "Schwarzen" noch herumgeht, so dreht er sich ganz um, ist der Schuß ein Einser, Zweier etc., so geht er einmal, zweimal, kurz ebenso oft um die Scheibe, als der Schuß Kreise hat. Beim Zentrum geht er fünfmal herum, nimmt dabei die über die Scheibe steckende Fahne herab und tanzt um die Scheibe. Komische Gebärden und Wendungen sind Privatsache des Zielers. Böller und die damit verbundene Vorrichtung zum Losbrennen derselben nebst dem Apparat mit aufsteigendem Adler, Scheiben mit beweglichem Mal etc. kommen nur bei größeren Schießen und Schießständen vor, wo auch der Zieler in seiner Galauniform erscheint, nämlich in roter Hose und Joppe mit gelben Schnüren und grünem Spitzhut mit schmaler Krempe und wehender weißer Hahnenfeder.
"Schützenkönig",
Studie, Franz von Defregger (30. April 1835 - 2.Jänner 1921)
Öl auf Leinwand / Holz, 21,2 x 26,7 cm, 1880er Jahre
Über das Ergebnis des Schießens wird ein genaues "Protokoll geführt". Dies ist das Amt des "Schreibers", der jeden Schuß auf Haupt- und Kranzscheibe zu verzeichnen hat. Nach dem Ave-Maria-Läuten um 7 Uhr hört man auf zu schießen. Die Blöcke werden abgenommen und im Schießstande verwahrt, die Fensterbalken geschlossen. Den Schlüssel nimmt der Zieler zu sich, und nun trägt er die Scheiben mit den darin steckenden "Diebeln" ins Wirtshaus oder vorerst in seine Stube, wo gleich nach dem Abendessen das "Abziehen", die "Raitung" (Abrechnung), beginnt. Wer das "Haupt" oder den "Kranz" (ohne Zierde) davongetragen, weiß man gewöhnlich früher. Mit dem Zirkel wird nun in den Zentrumsnagel eingesetzt und ein Kreis beschrieben, die "Diebel", welche sich in dieser Linie befinden, werden herausgezogen und die Nummer des Schusses samt dem Namen des Schützen im Protokoll aufgesucht. Darnach bemißt sich die Einlagverteilung. Man macht mehrere Abteilungen zu zehn, fünf und drei Kreuzern. Die Schüsse in dem dem Zentrum am nächsten Kreise erhalten am meisten u. s. f., "Kranz" oder "Haupt" macht da keinen Unterschied. Nun rechnet man: Der hat so viele Schüsse von der Zehnkreuzerabteilung, der von der Fünfkreuzerabteilung u. s. w. Das geht höchst einfach und rasch. Bei zweifelhaften Schüssen mißt man von der Mitte des Bleies aus. Gewöhnlich ist bei diesen "Raitungen" außer dem ausübenden Zieler und dem aufzeichnenden Schreiber die gesamte beteiligte Schützenzahl da, um ihren Gewinn sofort in Empfang zu nehmen; darauf geht es ins Wirtshaus, wenn man es nicht vorzog, gleich dort die ganze "Raitung" vorzunehmen.
Zieler und Schreiber erhalten für ihre Mühe eine kleine Entlohnung von Fall zu Fall - etwa eine Krone - oder auch einen jährlichen Betrag. Der Zieler betreibt nebenbei noch eine Menge in das Schützenwesen einschlagender Geschäfte. Er liefert die Scheiben für etwa achtzig Heller und die Blöcke, an denen dieselben hängen, natürlich ebenfalls gegen Entgelt. Wenig zerschossene Scheiben überklebt und überbemalt er, daß sie wieder benützt werden können. Auch hat er den Vorteil, die durch vieles Zerschießen unbrauchbar gewordenen Blöcke samt ihrer oft beträchtlichen Bleifüllung behalten zu dürfen. So ein alter Block liefert oft sechzig und mehr Kilo Blei, was dann um geringen Preis am Samstag vor dem Schießen wieder an die Schützen abgegeben wird, um neue Kugeln daraus zu gießen. Nicht selten handelt der Zieler auch mit andern zum Schießgebrauche dienenden Gegenständen, wie Pulver, Kapseln, Einschlag etc., ist bei geringeren Mängeln Ausbesserer der Stutzen, putzt dieselben, schießt sie - er ist immer selbst Schütze - für minder gewandte ein, ist Aufseher über die Schießstandsbaulichkeiten, kurz der Mach-Alles in solchen Dingen. Der "Schützenschreiber" ist Sekretär und Minister des Äußern. Ihm liegt außer der Verrechnung besonders ob: bei Freischießen das "Ladschreiben" zu verfassen, welches die Höhe der Beste, Einlaggebühren und sonstige Bedingungen enthält, und selbes im Namen der Festgeber in ein öffentliches Blatt, gewöhnlich in die "Schützenzeitung" als Hauptorgan des tirolischen Schützenwesens einrücken zu lassen. Am Schießstand hat er ebenfalls einen oder mehrere Zettel anzuschlagen.
"Freischießen" gab und gibt es noch allenthalben genug.
Wer ein freudiges Ereignis, eine Hochzeit, Taufe, Primiz etc. öffentlich feiern will, zahlt ein Schießen. Werden dazu auch Schützen anderer Gemeinden eingeladen, so müssen "Schleckerscheiben" errichtet werden. Jeder Zieler hat dann zwei Scheiben zu versehen, und um bei der erweiterten Tätigkeit keine Irrung zu begehen, pfeift er mit einer kleinen Pfeife von je fünf zu fünf Schüssen dem Schreiber, der, wenn die Nummer stimmt, ihm ebenso antwortet. Die Beste werden auch oft nicht in Geld, sondern "in Natura" gegeben, und zwar sind dies meist alte Stiftungen, so z. B. das Wiltener "Widderschießen" (Best: ein gezierter Widder); das Imster "Nußschießen" (Best: ein Sack Nüsse), das Mühlauer "Gansschießen" um Martini (Best: Gänse). Der Opferwidder - immer ein ausgesuchtes Prachtstück - wird bekränzt durch die Gassen des Ortes geführt. Auch über die Stiege des Gerichtshauses wird das arme blökende Tier gezerrt, um dort der Behörde seine Aufwartung zu machen. Ehemals stellte man Widder und Gänse wirklich als Ziel des Schusses hin, und sie gehörten dem Ersten, der sie traf. Es geschah sogar, daß der Zieler frei und ungedeckt einem vorzüglichen Schützen mit ausgestrecktem Arme die Gans zum Schusse vorhielt. Manchmal verrechnete sich der Bestgeber sehr zu seinem Schaden, wenn tüchtige Schützen eine Gans nach der andern auf 200 Schritte herunterfeuerten, und es mußten zuweilen sämtliche Gänse des Dorfes zum Opfer fallen. Jetzt kommt dieser barbarische Gebrauch kaum mehr vor, und es werden meist gemalte Gänse verwendet. Erwähnt seien auch noch die sogenannten "Lichtschießen", an denen abends bei Licht geschossen wird.
Schützenkönig bei großen Schießen wird nicht derjenige, der etwa zufällig den besten Schuß gemacht, sondern jener tüchtige Schütze, der unter der vorher bestimmten Anzahl von Schüssen, die auf die Hauptscheibe gestattet sind, die meisten Schwarzschüsse hat. Sind mehrere gleich, so müssen sie um den Preis "rittern", d. h, durch einen Ritterschuß auskämpfen. Die Treffsicherheit solcher Kernschützen, selbst mit Gewehren alter Bauart, ist staunenswert. Viele sind ihres Schusses so sicher, daß sie sich auf Schwarz zu wetten getrauen. Beim Kaiserschießen im Jahre 1856 traf ein Schütze zweimal nacheinander das Zentrum. Als solche "Meisterschützen" sind der Prem 3) aus Stumm im Zillertal, der steinalte Georg Prantl aus Schönna, der Mosmayr aus St. Leonhard in Passeier, der Pfaffstalter (+), der Margreider (+) aus Bozen und J. Nairz (+) aus Innsbruck bekannt. Der Schützenkönig steht in großem Ansehen wie ein Hauptrobler. Nicht selten spendet er seine beim Kaiserschießen erbeutete Seidenfahne der Kirche; an den meisten Orten sieht man solche aufgesteckt.
Mit den Dukaten- und Silberstückreihen sieht es bei der Heimkunft freilich oft schlimm aus. Denn die Schützen sind ein lustiges Volk, und der rote Etschländer, der in den verschiedenen Wirtshäusern fließt, winkt gar zu verlockend für einen Talbewohner, dem sich die Herrlichkeit einer Stadt nur selten erschließt. "Der beste Schütz verspielt das Jahr eine Kuh", sagt das Sprichwort; kein Wunder, daß manche "g'fparige Bäuerin" ein schiefes Gesicht zieht, wenn ihr "Alter" die lederbekleidete Büchse vom Nagel nimmt, um ein auswärtiges größeres Schießen zu besuchen. Er aber läßt sich in diesen Dingen nichts einreden, sein Stutzen geht ihm über alles. 4) So unrecht hat die besorgte Ehehälfte nicht. Mancher dem Schützenwesen leidenschaftlich Ergebene ließ Haus und Hof "liegen und stehen", zog von Schießstätte zu Schießstätte und kam auf die "Rodel" (Gant = Versteigerung seines Gutes). Besonders früher war dies öfter der Fall, als noch die echte "Brettelbohrerei" auf den Nahschießständen in Blüte stand.
Die Schießzeit wird fast überall mit einem Feste eröffnet und mit einem solchen geschlossen. Die Schützen und Schützenfreunde des Ortes und der Umgebung in ihrer schmucken Tracht, die Hüte mit Spielhahnfedern geschmückt, versammeln sich im Saal eines Gasthauses, der mit Fahnen, Kränzen, Scheiben, Bildnissen usw. geschmückt ist, zu einem Festmahl und Festtrunk. Lustige Musik, Volksgesang und Jodler dürfen dabei nicht fehlen. Den Ehrenplatz an der Tafel nehmen die Altkrieger ein. Da geht es dann kreuzfidel zu. Jeder weiß eine Anekdote aus seinem Schützenleben zu erzählen, jeder rühmt seine gewonnenen Beste, und das Jägerlatein findet ebensogut auf den Scheibenschützen seine Anwendung, der jeden schlechten Schuß zu entschuldigen weiß. Diese "Schützenausreden" sind sprichwörtlich geworden. Bald hat das Pulver einen harten "Brand" (Rückstand), bald hat der Wind im Augenblicke, als der Schuß losging, gewechselt und die Kugel abgelenkt, bald hat der Schütz aus Irrtum das Visier, anstatt es richtig zu stellen, noch unrichtiger gestellt, bald "hebt er wie ein altes Weib", bald ist die Sonne, bald das Blei, bald das "gefrischte Gewehr", bald der Zieler, der das Kugelloch nicht findet, bald der "Schneller" schuld, daß der Schuß schlecht ausfiel. Wenn aber durch Zufall ein schlechter Schuß gelang, so verschweigt er dies wohlweislich. Wenn einer nichts trifft, so daß er beim Verteilen leer ausgeht, so sagt man in der Schützensprache: Er erhalt die "Schere". Wenn ein alter Schütz im Stand recht "naggelt", so heißt es: "Jöh, der tut Wetter segnen."
Das bisher Gesagte bezieht sich in erster Linie auf die Verhältnisse bis zum letzten Drittel des abgelaufenen Jahrhunderts. Seitdem hat das Schützenwesen eine durchgreifende Umgestaltung erfahren, besonders seit es in engste Beziehung zur Landesverteidigung gebracht wurde. Viel zur Vornahme dieser Änderungen trugen auch die auswärtigen Schützenfeste bei, an denen die Tiroler teilnahmen, und wenn sie auch nicht immer in so hellen Haufen erschienen sind wie seinerzeit in Frankfurt (1862), Wien (1868), wo ihrer tausend, oder München (1881), wo ihrer 800 sich einstellten, so liegt der Grund eben "tiefer", nämlich im Lederhosensack, der wohl für die Steuerkreuzer weit genug, aber für das Reisegeld, besonders nach entlegenen Orten, viel zu eng ist. Man denkt auch hierlands noch freundlich des warmen Empfanges, welchen die Tiroler stets im "Reiche draußen" gefunden haben, wenn sie mit ihren rauhen Lodenjoppen und hahnenfedergeschmückten Hüten einrückten, wie auch andererseits die deutschen Schützen bei den großen "Kaiserschießen" in Tirol stets gern gesehene Gäste waren. Durch diese wechselseitige Beteiligung wurden nicht nur die Bande, welche Tirol seit uralten Zeiten mit dem deutschen Brudervolke verknüpften, enger geschlungen, sondern es wurde auch durch Selbstschau und Meinungsaustausch auf solchen Schützenfesten das beiderseitige Schützen- und Schießwesen wesentlich beeinflußt und gefördert.
Gerade der Besuch des ersten Bundesschießens in Frankfurt hat zur vollständigen Umgestaltung des Schützenwesens in Tirol, freilich durch lange Zeit nur in der Theorie, viel beigetragen. Damals zeigte sich zuerst, daß Tirol hinsichtlich der Feuerwaffe hinter Deutschland und der Schweiz weit zurückgeblieben sei. Noch deutlicher trat dies beim Bundesschießen in Wien zutage, wo die Überlegenheit des Schweizergewehres einen glänzenden Sieg erfocht.
Nun wurde allerdings schon im Jahre 1664 eine "Neue Schießstandsordnung für Tirol" herausgegeben. Aber diese Schießstandsordnung, welche nur eine Verherrlichung der alten "Brettelbohrerei" genannt werden muß, verfehlte ihren Zweck vollständig. Ganz im Geiste der vertrauensvollen kaiserlichen Verordnung des Jahres 1839 abgefaßt, welche alles Verpflichtende grundsätzlich ausschloß, nahm sie erstlich auf den Hauptzweck der Landesverteidigung zu wenig Bedacht und krankte außerdem an andern tiefeinschneidenden Mängeln, So wurde unter anderem alles technische Einzelne in sie aufgenommen, wodurch jeder Fortschritt vom langsamen und schwerfälligen Gange der gesetzlichen Faktoren abhängig und dadurch fast illusorisch gemacht wurde.
Ebenso schlimm stand es mit der Hauptsache, der Waffe. Zwar sollte nach § 18 der "Neuen Schießstandsordnung" nur "aus feldmäßig eingerichteten Gewehren geschossen werden", aber wie dieses geforderte "Normalgewehr" beschaffen sein sollte, erfuhr man ebensowenig, als auch nie der im § 48 angekündete Zeitpunkt eintrat, von welchem an "nur feldmäßige Gewehre auf den k. k. Schießständen gestattet sein sollten." Und doch hätte die Einführung des Hinterladers, das Jahr 1866 mit der Verteidigung der Landesgrenze gegen Italien, die Verordnung der allgemeinen Wehrpflicht etc. etc. nach jeder Richtung hin eine ernste Mahnung sein können. So wurde denn mit dem alten "Stutzen" auf den meisten tirolischen Schießständen bis zum Jahre 1874 lustig weiter "gepfeffert".
Von diesem Jahre an trat aber mit der gegenwärtig noch gültigen "Schießstandsordnung" vom Mai 1874 ein durchgreifender Umschwung zum Besseren ein. Vor allem wurde der Schwerpunkt darauf gelegt, "ohne militärische Organisation die Elemente der Landesverteidigung vorzubereiten und auszubilden, im besonderen aber der Landsturmorganisation als Stütze zu dienen", wodurch das Schützenwesen seinem eigenen und ursprünglichen geschichtlichen Zwecke wieder zurückgegeben wurde. Weiters wurde alles technische Einzelne aus der "Schießstandsordnung" verbannt und in die vom Gesetz mehr unabhängige "Schießordnung" gegeben und so dem allmählichen und gesunden Fortschritt eine Brücke gebaut. Durch letztere wurde der alte "Schützenbrauch" unter Ausscheidung alles Unzweckmäßigen und Mißbräuchlichen in eine allgemein verbindende Vorschrift gebracht, ohne dem Schützen durch törichte Nörgeleien in bedeutungslosen Dingen die Freude am Schießen zu verleiden. Die Bestimmung und Einführung des "Normalgewehres" 5) wurde sofort in Angriff genommen. Das Charakteristische desselben besteht darin, daß es sehr gut für die Scheibe ist und auch als Notbehelf für die Ortsverteidigung zu gebrauchen ist.
Um die Erwerbung eines solchen Gewehres auch dem Minderbemittelten zu ermöglichen, wurde der Ankauf desselben, sowie der Schießbedarf zum Erzeugungspreise gestattet. Überdies wurden 1000 solcher Gewehre an ärmere Schützen gegen Garantie ausgeliehen. Entsprechend diesem Normalgewehr, dessen Vortrefflichkeit die ehrlichen Schweizer beim österreichischen Bundesschießen in Innsbruck 1885 einstimmig anerkannten, wurden auch die "Ziele" (System An der Lan 6) eingerichtet. Als "Minimal-Distanz" wurden im Gegensatz zu den früher üblichen - 150 Schritt - nun 200 Schritt bestimmt. Dies im allgemeinen die Grundzüge der nunmehrigen Schießstandsordnung. Andere heilsame Bestimmungen, wie Baubeiträge zu Schießständen aus Staats- und Landesmitteln, Bestgaben und Schützengaben, Porto- und Stempelfreiheit etc., welche Begünstigungen zum Teil schon die frühere Schießstandsordnung enthielt, übergehe ich.
Daß eine so einschneidende Umgestaltung des ganzen Schützenwesens durch die neue Schießstandsordnung vom Jahre 1874, welche nicht nur gegen liebgewordene Gewohnheiten verstieß, sondern auch Erwerbs- und Lebensbedingungen benachteiligte, wie jede neue Einführung, auf gewaltigen Widerstand stoßen werde, war bei der zähkonservativen Natur des Älplers und besonders des Tirolers leicht begreiflich. Was wurde da zwischen den Anhängern des alten und neuen Systems hin- und hergestritten! Es lärmten die Wirtsleute, bei denen die Schützenbrüder die besten Gäste waren, da sich ja der Schießstand meist nahe oder gar im Gasthaus selbst befand, es zeterten die Bestzierdenmacherinnen um den Entgang ihres Verdienstes, denn die schönen Bestzierden, welche den Geldgewinn der glücklichen Gewinner sehr schmälerten, wurden sehr eingeschränkt; ebenso beklagten sich die Zieler und Schützenschreiber, denen nun der gesetzliche "Zehent" entfiel, von den Böllerladern, "Schwöglern" und Trommlern gar nicht zu reden. Am meisten aber waren die alten "Brettelbohrer" und Professionsschützen erbost, welche nicht anstanden, den nunmehrigen Untergang des ganzen Schützenwesens zu prophezeien. Doch sieh da! Jetzt hat der gesunde Sinn des Volkes längst den Sieg errungen. Das Normalgewehr ist allgemein eingebürgert, die "Bettstatt" verdrängt. Während von 1864 - 70 kaum 20 Weitschießstände waren, sind jetzt in Tirol 425, also mehr als die ganze österreichische Armee zusammen hat, in Vorarlberg 57, von denen mit ganz seltenen, durch die Boden- oder Besitzverhältnisse gebotenen Ausnahmen, alle wenigstens eine, einige sogar zwei oder mehrere weite Distanzen besitzen. Die Zahl der immatrikulierten Mitglieder betrug Ende 1907 in Tirol 57371, in Vorarlberg 8039. Wenn's wieder einmal losgeht, Tirol und auch Vorarlberg wird seinen Mann stellen.
Verdienste um die Hebung des Schützenwesens, allerdings noch nach altem System, erwarben sich neben andern vorzüglich der langjährige Oberschützenmeister Dr. David R. v. Schönherr, um das neuere vor allem der gegenwärtige k. k. Sektionschef Dr. Eduard Frhr. v. An der Lan, der die ganze Umgestaltung und Organisation leitete.
Den Hauptförderer und Gönner fand es aber in den letzten acht
Jahren an Seiner k. und k. Hoheit, unserem
allverehrten und allgeliebten Erzherzog Eugen,
der in seiner Eigenschaft als Landesverteidigungs- und Korpskommandant,
jetzt Landesverteidigungs-Oberkommandant und General-Truppeninspektor,
das tirolische Schützenwesen, was den Geist und die materielle Entwicklung,
besonders im Waffenwesen betrifft, in der erfreulichsten Weise gehoben
hat, wobei dieser edle Fürst, der jedes Tal und fast jede Hütte
kennt, mit unerschöpflicher Freigebigkeit hilfsbedürftige Schießstände
und deren Schützen mit ausgiebigen Unterstützungen bedachte
und noch bedenkt.
1) Dies gilt natürlich nur von den früher gebräuchlichen Vorderladern, die jetzt fast verschwunden sind.
2) Dorfschießstände alten Schlages gibt es meines Wissens jetzt nur mehr zwei, in Oberbozen und den gemütlichen Schießstand in Mühlau bei Innsbruck, welch letzterer übrigens durch die Einführung von Telefon und elektrischer Klingel auch bereits etwas modernisiert wurde.
3) Joh. Prem (gegenwärtig in Innsbruck) hat sich durch Erfindung eines sehr sinnreich konstruierten neuen "Hinter (Lader)- Pöllers" mit Martiniverschluß verdient gemacht, wodurch die Gefährlichkeit beim "Abbrennen" des Geschützes vermieden wird.
4) Man möchte übrigens kaum glauben, wie mancher alte Schütze seine "alte Schalper" durch vieljährige Übung und Beobachtung so genau kennen gelernt hat, daß er mit einem solchen Gewehr, mit dem ein anderer nichts anzufangen wüßte, genau und sicher zu treffen vermag.
5) Das Werndlgewehr spielt immer noch eine große Rolle, namentlich bei weniger bemittelten Schützen, während andererseits das auch als Normalgewehr eingerichtete Martini- und das Keßlergewehr zumeist 8 mm Kaliber, in Stadt und Land sehr verbreitet ist. Seit einigen Jahren wird aber noch außerdem an der Einführung eines Mannlicher-Bleigeschoß-Repetiergewehres gearbeitet, das sich großer Beliebtheit erfreut und ausgezeichnete Treffresultate erzielt. In ganz letzter Zeit wurde in dieser Hinsicht ein weiterer Fortschritt gemacht, indem man das Armeegewehr ohne irgend eine äußerliche oder innere Konstruktionsänderung mit einem eigenartigen Bleigeschosse, im übrigen mit der Armeepatrone, verwendet.
6) Dieses System, welches bei Neueinführung der weiten Distanzen und der Hinterlader sehr gute Dienste geleistet hat, ist nunmehr, da die "Ziele" (Scheiben-Male) durch die Schießordnung der verbesserten Genauigkeit der Gewehre entsprechend kleiner und in der Unterteilung minutiöser fixiert wurden, mehr in den Hintergrund getreten.
Quelle: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben, Stuttgart 1909. S. 482 - 498