Braunelle [Brunelle] und Ragwurzel [Knabenkraut]
Die Teufelsbratze (Braunelle) ist ein Kraut, das auf den Almen wächst.
Es hat zwei Hände als Wurzeln, die es in die Erde steckt; die eine
ist weiß und heißt Gotteshand (auch Liebfrauenhand), die andere
schwarz und heißt Teufelsbratze. Die letztere, um Mitternacht ausgegraben,
leitet Hexen- und Satanskünste; die Gotteshand gereicht dem, der
sie trägt, zum Schutze. Auf dem Ritten wird sie viel getragen und
das Kraut angepflanzt. Aber auch die Ragwurzeln, (Knabenkraut, Kuckucksblume,
Orchis) hat zwei handförmige Wurzeln, eine ältere braune, die
Männerhand, und eine jüngere weiße, die Frauenhand. Gräbt
man diese Pflanze um Johannis aus, so sind beide Wurzeln vorhanden. Aus
dem gegenseitigen Stande de Hände erforschen die jungen Leute die
Zeit ihrer Verheiratung. Die Ragwurz hat den Namen Kuckucksblume, weil
auch dieser Vogel mit dem Liebes- und Eheleben in mehrfache Verbindung
gebracht wird. (Ritten.)
Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897, Nr. 190, Seite 792.