Dokumentation: Goldgewinnung im Wattener Tal
Wohl in jeder Sage [Die "Venediger"] steckt ein wahrer Kern oder zumindest ein Körnchen Wahrheit. So erinnert diese Schilderung an den im späten Mittelalter und noch im 17. Jahrhundert auch in Tirol geübten Brauch des Goldwaschens aus Flüssen und Bächen. Besonders aus den Tälern der Tuxer Voralpen ist diese Gewinnung des Waschgoldes oder Seifengoldes überliefert. Auf der Grundlage der Verleihung (seit 1568) wie bei einem Bergwerk durch den Landesfürsten gab es nachweislich an mehreren Bächen, namentlich in der Sillschlucht und ihren östlichen Zubringern und am Weerbach, angeblich auch am Wattenbach, kleine Waschwerke. Der durch die Strömung immer wieder umgelagerte und neu angeschwemmte Sand wurde nach winzigen Goldkörnchen und -flitterchen durchsucht. Mit Hilfe des Wassers lassen sich in hölzernen Schüsseln, Trögen und Gerinnen die schwersten Bestandteile zurückhalten.
Das Gold mit seinem, spezifischen Gewicht von 19,3 ist sechs bis siebenmal schwerer als die wichtigsten gesteinsbildenden Mineralien und läßt sich schon mit diesen primitiven Vorrichtungen trennen und anreichern. Durch Verwendung von Quecksilber (Amalgamieren) können noch die feinsten Goldteilchen erfaßt werden.
Über die Goldgewinnung aus dem Wattenbach gibt es wahrscheinlich keine urkundlichen Belege, wohl aber Belegstellen in der Literatur. So erwähnte 1881 Adolf Pichler die "eingegangenen Goldwäschen an der Sill, bei Volders und Wattens".*
Das in den Bachsanden der Tuxer Voralpen gefundene Gold kann nur aus den Quarzphylliten und ihren Einlagerungen stammen, wo es sich als Freigold (Berggold) gebildet hat und bei der Gesteinszerstörung von dem umgebenden Material isoliert wird.
Daß in den Bergen des Wattentales - genannt wird der Hilpold = Hippold** - Freigold bergmännisch gewonnen wurde, ist so gut wie ausgeschlossen. Wahrscheinlicher ist, daß man goldfarbene Kiese für Golderze gehalten hat. Tatsächlich können solche Kiese (auch der häufige Schwefelkies) Spuren von Gold enthalten. Man bezeichnet sie dann auch als "göldische Kiese". Eine rationelle Goldgewinnung daraus ist und war auch früher nicht möglich. Deshalb liest man manchmal, daß die Erze beim Schmelzen nicht "ausgeben" wollten.
Wenn auch der nie sehr bedeutende Bergbau des Wattentales auf Eisen, Kupfer, gold- und silberhaltige Erze stets im Schatten des einmaligen Schwazer Betriebes ("Haubt und muetter aller anderen Perkwerch des Landts") geblieben ist und mit diesem nicht verglichen werden kann, soll diese Zusammenstellung seiner nur mehr recht lückenhaft bekannten Vergangenheit wenigstens das noch Vorhandene und Erreichbare festhalten, zu Nachforschungen in Archiven sowie in der Natur anregen und einen Beitrag zur wechselvollen Geschichte des Tiroler Bergbaues bilden.
* Die Quarzphyllite bei Innsbruck. Mineralog. und petrographische Mittheilungen, Neue Folge, Bd. 4, S. 507. Wien 1881.
** Von dem angeblichen Goldreichtum des Hippold
handeln die von Johann Nepomuk B. v. Alpenburg herausgegebenen "Deutschen
Alpensagen", Wien 1861, S. 71-75.
Quelle: Von der Erzgewinnung im Wattental und der Verhüttung in Wattens, Georg Mutschlechner, in: Wattener Buch, Innsbruck 1958, S. 39f