Der St. Thomas - Tag
In der St. Thomas-Nacht (vom 21. auf den 22. Dezember)
kann man seinen künftigen Ehepartner sehen.
Burschen sagen auch : Zoag mir glei - mein künftigs Weil"
Dann soll man mit dem linken Fuße voraus ins Bett steigen und sich
umgekehrt niederlegen, so daß der Kopf dort liegt, wo sonst die
Füße liegen. Dann sieht man den künftigen Gatten im Traume.
Die Langschläfer können in der Thomasnacht ihrem Fehler abhelfen, wenn sie vor dem Schlafengehen den heiligen Veit mit folgenden Worten anrufen:
Heiliger Sankt Veit,
Weck mich auf zur rechten Zeit,
daß ich mich nicht verschlafe
und zur rechten Zeit erwache !
Wenn man in der St. Thomasnacht Silbergeld ins Waschbecken
legt und sich daraus wäscht, so geht einem das Geld nicht aus.
Im Ötschergebiete kennt man ein Gespenst der Thomasnacht, das Thomaszoll
genannt wird.
Der Thomastag heißt auch der Sautod, weil an diesem Tage schier
in jedem Hause eine Sau abgestochen wird, damit man in den Weihnachtsfeiertagen
Fleisch zu essen habe.
Das am St. Thomasabend gegossene Blei wird bis Mitternacht
aufbewahrt, dann schleichen die Burschen damit zu ihren Mädchen,
bezeichnen den Boden vor dem Haustore mit einem Kranz, stellen sich darauf,
lehnen den Rücken an das Tor und werfen mit dem gegossenen Blei dreimal
über den Kopf gegen das Tor. Klingt der Wurf hoch, so ist die Verlobte
treu, klingt er tief, so ist sie untreu. Dann tritt der Bursche rückwärts
von dem Kranze weg und gräbt das Blei bei einem Zaune ein, an welchem
die Verlobte täglich mehrere Male vorübergeht. In der Silvesternacht
zwischen 12 und 1 Uhr scharrt der Bursche behutsam die Erde von dem vergrabenen
Blei weg und schlägt ein Kreuz über die Grube. Je nachdem das
Blei rein oder fleckig gefunden wird, läßt es auf Treue oder
Untreue der Verlobten schließen.
Am Thomasabende schreibt der Ledige die Namen jener Personen, welche betreffs
seiner künftigen Ehe in Betracht kommen können, auf Zettel und
legt alle Zettel zusammen unter den Kopfpolster. Beim ersten Erwachen
greift er einen der Zettel heraus. Der gezogene Name kündet den Künftigen
bzw. die Künftige.
In der Thomas- und Weihnacht werfen die Mädchen den Pantoffel rücklings
über die Achsel zur Türe hin. Fällt er so, daß die
Spitze hinaussteht, so heiraten sie im nächsten Jahre. Schaut sie
herein, so bleiben sie noch ein Jahr sitzen.
In der Thomasnacht schneidet man einen Apfel entzwei und zählt die
in einem Teile enthaltenen Kerne. Sind sie paar, so heiratet man bald.
Sind sie unpaar, so ist noch nicht daran zu denken. Schneidet man beim
Teilen des Apfels einen Kern entzwei, so deutet dies auf häufigen
Streit. Schneidet man aber zwei Kerne, so hat man bald den Tod der Ehehälfte
zu beklagen.
Am St. Thomas-Abend stellt man sich unter einen Kriechenbaum oder Weichselbaum,
schüttelt ihn und spricht:
Kriechabam, i riegel di,
Mein Schåtz, i prügel di,
Låß a Hunderl bell'n,
Wo si mein Schåtz wird meld'n.
oder:
Kriechabam, i beutel di,
Heiliger Thomas, i bitt di,
Laß ma a Hunderl bell'n,
Daß mein Manderl meld'n!
Wo darauf ein Hund bellt, dorther wird der Künftige kommen.
Ledige Personen tragen vom Thomastag
an bis zum Christabend einen Apfel in der Tasche; waschen sich während
dieser Zeit nicht, beten nicht und besprengen sich auch nicht mit Weihwasser.
Am Christabend essen sie unter dem äußeren Stadeltor, wo sie
von den Hausgenossen weniger leicht gesehen werden. Dabei soll der zukünftige
Ehegenosse zufällig des Weges kommen und unangesprochen vorübergehen.
Nach anderen zeigt der Vorübergehende nur den Stand des Zukünftigen
an. Ist er z.B. ein Jäger, so wird die Dirne einen Jäger bekommen.
(Anmerkung von Pfarrer Leeb:
Der hl. Thomas mußte die Rolle des allen Wesens und Werdens kundigen
Traumund Ehegottes Wotan übernehmen, weil sein Fest auf den Anfang
der dem Wotan heiligen zwölf Tage fällt.)
Quelle: Sagenreise ins Pielachtal, Sagen, Erzählungen,
Geschichten - aus dem reichen Sagenschatz des Pater Willibald Leeb. Zusammengestellt
und herausgegeben von der Arbeitsgruppe Heimatforschung im Verein für
Dorferneuerung in Hofstetten und Grünau. Text: ca 1900.
Von Gerhard
Hager, Verein für Dorferneuerung, 3202 Hofstetten-Grünau,
freundlicherweise für SAGEN.at
zur Verfügung gestellt.