Beitrag zur Tirolisch-Salzburgischen Bergwerks-Geschichte

(Auszug)
Von Albert Jäger

VORWORT.

In dem nordöstlichen Teil Tirols, welcher heutzutage noch zur Diözese des Hochstiftes Salzburg gehört, sowie auch in einigen Teilen des oberen Drautal, gab es zur Zeit, in welcher die Erzbischöfe von Salzburg auch Herren eines weltlichen Fürstentumes waren, der Berührungspunkte sowohl zu friedlichem als auch feindlichem Verkehre zwischen den zwei Nachbarländern genug.

Die Besitzungen des Hochstiftes Salzburg bildeten in diesen Gegenden Tirols kein abgerundetes, geschlossenes Ganzes. Im Nordosten Tirols, in den Herrschaften Rattenberg, Kufstein und Kitzbühel, waren sie bis zum Jahre 1507 von bairischen, und im Pustertal bis zum Jahre 1500 von görzischen Gebieten durchbrochen und mit ihnen vermischt. Als nach dem Erlöschen des görzischen Hauses, 1500, dessen Besitzungen im Drautal vermöge Erbvertrag, und im Jahre 1507 nach der Beendigung des Landshuter Erbfolgekrieges der bis dahin bäuerische Teil Tirols an Maximilian I. fielen und von ihm mit Tirol vereinigt wurden, berührten und kreuzten sich die salzburgischen Besitzungen fortan mit den Gebieten der gefürsteten Grafschaft Tirol.

Waren bei einer solchen Vermischung von Gebietsteilen verschiedener Herren vielfache Streitigkeiten über Jurisdiktions- und andere Rechte und Verhältnisse schon früher unvermeidlich gewesen, so mussten sie nach dem Eintritt der tirolischen Herrschaft in die ehemals bairischen und görzischen Gebiete aus folgendem Grunde notwendig sich vervielfältigen. Da die Grafschaft Tirol durch die Erwerbung der vorerwähnten Gebietsteile den Abschluss ihrer Grenzen im Osten und Nordosten erlangt hatte, so war es natürlich, dass mit der Herrschaft auch die landesfürstliche Hoheit über die neu erworbenen Landesteile bis an die bezeichneten Grenzen ausgedehnt wurde. Dadurch geschah es, dass die salzburgischen Besitzungen innerhalb der Grenzen Tirols zu liegen kamen und unter der Territorial-Hoheit der Grafen von Tirol zu stehen schienen. Dagegen sträubte sich Salzburg; die Erzbischofe behaupteten, dass ihre landesfürstliche Hoheit, welche sie im Fürstentum Salzburg besaßen, sich auch auf ihre Besitzungen innerhalb der Tiroler Grenzen erstrecke, und wollten dieselben als einen von Tirol unabhängigen und unmittelbaren Teil ihres Fürstentumes betrachtet wissen. Diese Behauptung rief den Widerspruch der tirolischen Regierung heraus, welche die salzburgischen Besitzungen als Enklaven ansah, welche, weil innerhalb der Tiroler Grenzen gelegen, der landesfürstlichen Hoheit des Grafen von Tirol unterworfen seien.

Zu sehr ernsten Verwickelungen führte dieser Streit, als um die Mitte des 15. Jahrhunderts gerade in den wegen der Hoheitsrechte bestrittenen Gegenden eine segensreiche Fülle von Schätzen edler und unedler Metalle entdeckt wurde; denn jetzt kam zu den Jurisdiktions- und anderen Zerwürfnissen auch der von Missgunst und Habsucht angefachte Streit um diese Quelle des Reichtums hinzu. Nahe zweihundert Jahre dauerte derselbe, und wenn er auch durch Verträge, wie durch den höchst wichtigen von 1533, manches mal beglichen schien, brach er doch immer wieder aus, und erbitterte sich von Zeit zu Zeit zu solcher Heftigkeit, dass man mit Waffengewalt das Recht des Stärkeren zur Geltung zu bringen im Begriffe stand.

Nirgends entbrannte aber dieser Streit heftiger, als in jenem Tal Tirols, in welchem die Besitzungen des Hochstiftes Salzburg mit denen des Landesfürsten von Tirol geradezu durcheinander gewürfelt waren, im Zillertal, und zwar aus Anlass der Entdeckung eines, wie es schien, reiche Ausbeute versprechenden Goldbergwerkes. Vorliegende Abhandlung liefert, nun aus größtenteils bisher unbenutzten Quellen einen Beitrag; zur salzburgisch-tirolischen Bergwerks-Geschichte, in welcher besondere Rücksicht genommen wurde auf die soeben angedeutete, von beiden Seiten in den Streit gezogene Rechtsfrage. Verwertet wurden nebst vielen in verschiedenen Werken zerstreuten Urkunden, besonders Aktenstücke des landschaftlichen Archives in Innsbruck. Bezüglich der mitgeteilten wichtigen Vertragsurkunde darf der Verfasser nicht unterlassen, mit besonderem Danke zu erwähnen, dass Herr Schrauf, Concipist im k. u. k. Staatsarchive in Wien, sich der Mühe unterzog, die dem landschaftlichen Copeibuche XVII entnommene Abschrift mit dem Original zu vergleichen und darnach zu berichtigen.

Innsbruck.
Der Verfasser.

Das 15. Jahrhundert, zumal die Zeit des Erzherzogs Sigmund, von 1446 bis 1496, war in Bezug auf Wohlstand das goldene Zeitalter Tirols. Franz Schweyger's Chronik der Stadt Hall entwirft folgendes Bild von diesen glücklichen Tagen. ,Zu Erzherzogs Sigmund Zeit', so berichtet sie, 1) war die Grafschaft Tirol mit Geld und Bergwerk gesegnet, und war auch andere menschliche Notdurft um einen ziemlichen Pfennig in Überfluss im Lande vorhanden; weshalb die Erzknappen und andere Landleute mit Silbergeschmeid, Gut und Geld reichlich begabt, aber auch gottesfürchtig, ehrbar und fromm, und massig im Essen und Trinken waren. Auch wurden alle Waren und Handwerks-Erzeugnisse vertraulich gegen einander verhandelt; daher etliche alte fromme Personen gutmütig gesagt haben sollen: ‚wenn Einer vom Himmel herabfiele, so sollte er in dieses Land fallen'. Freilich setzt der Chronist ebenso treuherzig hinzu: ,aber nachmals sind durch ,die neu geschwindige Influenz der neuen Welt' alle Gewerbe und Hantierungen verändert worden, und die Preise hochgestiegen'.

1) Franz Schweyger's Chronik der Stadt Hall, herausgegeben von Dr. David Schönherr. Innsbruck 1867. S. 70.

Das Füllhorn dieses Segens schütteten die Bergwerke über Tirol aus. Beiläufig um die Mitte des 15. Jahrhunderts öffnete plötzlich die Mutter Erde, als wäre sie von einem Banne gelöst worden, ihre unterirdischen Schatzkammern, und spendete mit freigebiger Hand ihre daselbst aufgehäuften Reichtümer an edlen und unedlen Metallen. Spuren vom Dasein dieser verborgenen Schätze hatte man wohl schon in früheren Jahrhunderten entdeckt; dies bezeugen die an verschiedenen Orten in Betrieb gekommenen Bergwerke; aber von dem Dasein einer solchen Fülle, wie sie von der Mitte des 15. Jahrhunderts an zum Vorschein kam, hatte man keine Ahnung.

Welcher Zeit die ersten Anfänge eines Grubenbaues in Tirol angehören, lässt sich um so weniger bestimmen, als sich über sie nicht einmal eine märchenhafte Sage, geschweige urkundliche Nachrichten erhalten haben. Dass Bergbau in frühesten Zeiten betrieben wurde, davon geben die offen gebliebenen Mundlöcher eingegangener Stollen, die alten mit Gebüsch überwachsenen Halden, und die Namen einiger auf Bergbau und Schmelzhütten hindeutender Orte, z. B. Fornas (= Fornace, Ofen) im Thale Piné; Forno, ein Dorf in Fleims; villa Fabri (jetzt Faver) im Cembratal; alle Fucine, ein Dorf am Fuße des Tonal, ein nicht zu bestreitendes Zeugnis. Die urkundlichen Beweise für den Betrieb des tirolischen Bergbaues beginnen aber erst mit dem 12. Jahrhundert.1)

Das älteste dieser Zeugnisse datiert aus dem Jahre 1150, in welchem Arnold von Greifenstein dem Kloster Neustift bei Brixen das Silberbergwerk in Vilanders schenkte.2) Kaiser Friedrich I. bestätigte 1177 dem Kloster nicht nur dieses Geschenk, sondern auch die neu erworbenen Eisengruben zu Fursil im Tale Gröden.3) Im Jahre 1181 erscheinen die Grafen von Eppan im Besitze eines Goldbergwerkes zu Tassul auf dem Nonsberg.4) Vier Jahre später regelte der Bischof Albrecht I. von Trient (1184—1188) durch eine Bergwerksordnung, die älteste, die man kennt, die Verhältnisse der Gewerken und Bergleute, welche am Kalesberge bei Trient auf Silber bauten. Wann diese Gruben in Bau kamen, ist unbekannt.5) Die deutschen Kunstwörter in der erwähnten lateinisch verfassten Bergordnung deuten auf deutschen Ursprung des

1) Jos. v. Sperges, Tyrol. Bergwerks-Geschichte etc. Wien 1765. p. 29 etc.
2) Theodor Mairhofer: Urkundenbuch des Stiftes Neustift in Tirol, im XXXIV. Bde. der Font. rer. Austriac. p. 27. — Sperges p. 32.
3) Mairliofer p. 44.
4) Sperges p. 36.
5) Rud. Kink: Codex Wangianus, im V. Bande der Font. rer. Austriac. p. 431.

Betriebes.1) Als unter Albrechts I. Nachfolger, dein Bischof Konrad II., Streit mit Kaiser Friedrich I. über das Eigentumsrecht auf die genannten Silbergruben entstand, entschied ihn der Kaiser schließlich dahin, dass er 1189 dem Bischof einen Freiheitsbrief erteilte, in welchem er seinem Rechte gänzlich entsagte, und der Kirche des heil. Vigilius alle Silber- und Erzgruben, die je im Gebiete des Hochstiftes Trient entdeckt würden, zuerkannte.2) In dem westlich an Tirol grenzenden Valtelin besaß das mächtige Geschlecht der Vögte von Matsch schon im 13. Jahrhundert Bergwerke. Im Jahre 1238 trat Hartwich von Matsch seinen im Valtelin ansässigen Vettern, Gebhard und Konrad, neben anderen großen Lehen auch alle Metall- und Silbergruben zu Poschiavo, in dem gleichnamigen Tal nördlich von Tirano, ab.3) Wäre die Annahme zulässig, dass jeder Bischof, der von kaiserlicher Munificenz das Münzrecht erhielt, schon Besitzer eines Bergwerkes, und zumal von Silbergruben gewesen sein musste, so wäre der Bischof Heinrich von Brixen schon vor dem Jahre 1179 im Besitze eines solchen Bergwerkes gewesen, da er in diesem Jahre von Kaiser Friedrich I. das Münzregal erhielt.4) Allein dem war nicht also; denn erst 1206 verlieh der römische König Philipp dem zweiten Nachfolger Heinrichs, dem Bischöfe Konrad, das Recht, Silbergruben anzulegen, wo immer in seinem Gebiete er dieses Erz finden mag.5) Des Bischofs Hoffnung ging auch in Erfüllung. Im Jahre 1214 am 27. Juni 6) bestätigte Friedrich II. zu Ulm nicht nur Philipps Privileg, sondern erteilte auch dem Bischof Konrad und dessen Nachfolgern,

1) Sperges p. 39—41.
2) Bonelli, Notizie, II. p. 492. Sperges p. 44.
3) Justinian Ladurner: Die Vögte von Matsch etc., im 16. Hefte der III. Folge der Zeitschr. des Ferdinandeums. Innsbruck 1871. p. 41—42.
4) Hormayr, Gesch. Tirols, II. p. 87.
5) Sinnacher, Beiträge etc. IV. 18. — Hormayr II. 199.
6) Die Datierung dieser von Friedrieh II. zu Ulm ausgestellten Urkunde findet sich verschieden, bei Horm. II. p. 267 und bei Sinnacher IV. p. 67, welche beide das: ,quinto Cal. Julii’ mit 27. Juni bestimmen, während Friedrich Böhmer, Reg. p. 167 sie dem 28. Mai zuweist. — Die Urkunde gebraucht allerdings den Ausdruck: ,ut ubicunque in Episcopatu Brixinensi in visceribus terrae argentum reperiatur'. Mit Recht beschränkt Sperges p. 60 obigen Ausdruck auf das Territorium des Bischofs von Brixen, da die Grenzen des Bistums ganz andere waren, als die des fürstlichen Gebietes; doch davon bei späterem Anlasse.

da er vernommen habe, dass an einigen Orten des Brixner Bistums Gruben entdeckt worden seien, wo man glaubt auf Silber bauen zu können, die Vollmacht, überall im Bistum, wo immer sie im Schosse der Erde Silber entdecken könnten, demselben nachzugraben.1) Vier Jahre später befreite derselbe römische König Friedrich II. sein Zugeständnis von dem Vorbehalte, dass die Hälfte der Ausbeute ihm zufallen müsse, indem er mit Urkunde vom 29. September 1217 dem Nachfolger Konrads, dem Bischöfe Berthold, alle gegenwärtigen und zukünftigen Berg werke und Salzgänge im Brixner Bezirke frei und ohne Vorbehalt schenkte und verlieh.2) Sperges vermutet, dass die zwischen 1214 und 1217 entdeckten Silbergruben keine anderen gewesen seien, als die dem Hochstifte Brixen gehörigen zu Gerenstein oder Garnstein.3)

Auffällig ist, dass kein tatsächlicher Beweis vorliegt, ob die Grafen von Tirol, selbst als die aus dem Hause Görz ihnen nachfolgten, obschon ihr Gebiet sich über das Burggrafenamt und einen großen Teil des Vintschgaues ausdehnte, vor dem 14. Jahrhunderte im Besitz eines Bergwerkes waren? Die Münzen, die aus dieser Zeit von ihnen vorhanden sind, beweisen für diese Frage nichts, da bekanntlich viele Landesherren und freie Städte, die keine Bergwerke besaßen, dennoch die Münzgerechtigkeit ausübten; sie verschafften sich das nötige Metall durch Ummünzung fremden Geldes oder durch Kaufsilber.4) Erst seit der Zeit des Grafen Heinrich, der zugleich

1) Siehe Note 6 auf vorhergehender Seite.
2) Böhmer, Regg., p. 170, mit Berufung auf Hund I. p. 476. Sinnacher IV. p. 180. Die Datierung bei beiden wieder verschieden; bei Böhmer das ,Actum anno MCCXVIII. IIII. Cal. Januar. Indict. VI.' — aufgelöst mit 1217 und Indict. V., bei Sinnacher wie im Text der Urk.
3) Garnstein im Bezirke von Klausen. Über die dortigen Bergwerke bietet Staffler II. 967. 969 u. 987 - 989 ausführliche Mitteilungen. Sperges' Vermuthung p. 60.
4) Jos. Bergmann in seinen ,Untersuchungen über die Münze von Meran' etc. (Separatabdruck aus dem CXIII. Bde. d. Jahrb. d. Literatur, 1846) behauptet zwar p. 6 zuversichtlich, dass den Grafen von Tirol das Bergwerksregal schon 1189 von Kaiser Friedrich verliehen worden sei. Sperges bemerkt aber, dass der Bergwerke der Grafen von Tirol in einem Freiheitsbrief des Kaisers Friedrich eine, doch ganz unbestimmte Erwähnung geschehe, p. 61. Weder Bergmann noch Sperges geben die Quelle an, wo dieser Freiheitsbrief zu finden. Böhmer kennt ihn nicht.

Herzog von Kärnten war und von der kurzen Dauer seiner Herrschaft in Böhmen auch den Titel eines Königs von Böhmen führte (1310 bis 1335), erscheinen sie als Besitzer von Bergwerken, so 1317 der Silbergruben im Scharltal, einer Abzweigung des damals zu Tirol gehörigen Unterengedeins; so 1331 im Besitze der Silbergruben zu Persen (Pergine in Valsugan), 1) Von Heinrichs Tochtermann, dem Gemahl der Margaretha Maultasch, Markgrafen Ludwig von Brandenburg, erhielten 1352 zwei Bürger aus München und ein Goldschmied aus Augsburg einen Verleihbrief auf Bergwerke im oberinntalischen Bezirke von Landeck.2) Diese Verleihung, in Verbindung mit dem Märchen, welches ein gewisser Hildeprand Lappi von sich erzählt, er sei von der Stadt Florenz abgesandt worden, um mit dem Schwarzkünstler des Herzogs von Kärnten 3) zwischen Innsbruck und Bruneck und in der Gegend von Säben die unter der Erde verborgenen und vom Teufel bewachten großen Schätze zu entdecken, 4) scheint darauf hinzudeuten, dass nicht bloß die Florentiner, ohnehin weit und breit die Pächter der Münzstätten und Zölle und Inhaber der Wechselbanken, sondern überhaupt die Ausländer anfingen, ihre Blicke nach den Tiroler Bergen, als den Fundorten edler Metalle zu richten; daher auch der Bergbau hier bald eine erhöhte Bedeutung erlangte. Sperges ist zwar geneigt, den Aufschwung desselben dem überhand nehmenden Luxus zuzuschreiben, der zu seiner Befriedigung auf neue Mittel zu sinnen nötigte, daher zum Aufsuchen der verborgenen unterirdischen Schätze führte; viel wahrscheinlicher stand aber diese Meinung des Herrn von Sperges von Ursache und Wirkung im umgekehrten Verhältnisse: eben weil die Natur in Folge von zufälliger oder absichtlicher Entdeckung ihre verborgenen bergmännischen Schätze herauszugeben anfing, stellte sich Wohlstand und Überfluss und in ihrem Gefolge der Luxus ein.

Der Aufschwung des Bergbaues begann mit der Erfindung der an Silber, Kupfer und Eisen reichen Bergwerke zu Schwaz im Unterinntal. Die glückliche  Entdeckung wird

1) Sperges p. 61—69.
2) Ibidem p. 69.
3) Damit ist ohne Zweifel der weiter oben erwähnte Herzog Heinrich von Kärnten und Graf von Tirol gemeint.
4) Sperges p. 70.

gewöhnlich in das Jahr 1448, in das zweite nach dem Regierungsantritt des Herzogs Sigmund verlegt, 1) und verschiedenen Zufallen zugeschrieben.2) Allein Burglehner selbst berichtet, dass der erste Aufschlag des silberreichen Falkensteins schon 1409 an einem Ort hoch im Gebirge geschehen sei.3) Nach Sperges wurde die erste Grube 1446 geöffnet.4) Wahrscheinlich fällt die Entdeckung des Erbstollens, der reichsten unter den Silbergruben, in das Jahr 1448. Tatsache ist, dass von diesem Jahre an eine Entdeckung auf die andere folgte, das Entdeckungsgebiet von Schwaz bis einschließlich Rattenberg auf eine Länge von zwei Meilen sich ausdehnte, und der reiche Segen der Bergwerke dieser Gegend bald zu einem fabelhaften Rufe gelangte. Der Zeitgenosse Heinrich Gundelfingen preist in der Vorrede zu seiner dem Herzoge Sigmund gewidmeten österreichischen Fürstengeschichte das Land Tirol wegen der Entdeckung der unerschöpflichen Gold- und Silbergruben als ,die unermüdlich spendende Quelle, welche ganz Oberdeutschland reichlich mit Geld versieht’;5) andere verherrlichten in Gesängen die Tiroler Berge geradezu als die Silbergruben Deutschlands.6) Und in der Tat! Wenn man die Ausbeute betrachtet, welche nach einer allerdings etwas späteren, aber amtlichen Berechnung allein aus dem Falkenstein und Erbstollen

1) Burglehner: Tirol. Adler. I. Th. 2. Abth. p. 312, nach der Handschr. des Ferdinandeums. — Nach Burglehn. Maximil. Mohr. — Lori, Sammlung bayerischer Bergrechte. München 1704.
2) z. B. einem Stiere, der mit seinen Hörnern einen Wasen aufstieß und darunter einen reichen Erzgang bloßlegte; einer Dienstmagd Namens Gertrud Kandler, welche ebenfalls durch Zufall Erfinderin einer Grube gewesen sei. Burglehner.
3) Bei einem Orte, der später ‚bei dem alten Grafen’ genannt wurde. Burglehner p. 44.
4) Sperges p. 336.
5) Epitome Chronici Austriae principum ad Sigismundum Austriae ducem etc. bei Kollar, Analecta Vindobon. I. 728 - 824. Über den  Reichtum des Bergwerks sagt er: ,Haec ipsa Athesis (das Land an der Etsch, so wurde damals Tirol genannt), quasi sedula pecuniarum nutrix toti superiori Alemaniae pecuniam sufficientem subministrat'.
6) Sperges führt p. 98 aus mehreren Dichtern Belege an, unter andern aus Conrad Celtes:
Oenus ubi atque Athesis murmura rauca facit,
Argenti aeterno scaturit qua vena metallo,
Et ditat totam patriam Alemanicam.

gewonnen wurde, so muss man das Staunen, in welches die Zeitgenossen über den Reichtum der Tiroler Bergwerke gerieten, und das Lob, das sie spendeten, begreiflich finden. Bis zur Entdeckung der Gold- und Silberschätze der neuen Welt war etwas Ähnliches, wie in Tirol, nicht erlebt worden. Nach dem erwähnten amtlichen Ausweis wurden von 1470 bis 1499 aus dem Falkenstein allein durch Georg Andorfer 998.500 Mark, und von 1500 - 1535 durch seinen Sohn Sebastian 1,463.415 Mark Silber gebrannt. Dann von verschiedenen Schmelzherren (es werden 108 mit Namen aufgeführt) innerhalb derselben Zeit von 1470 — 1535 2,630.963 Mark, die Lothe in beiden Berechnungen nicht mitgezählt. 1) Wie viel Erz von der ersten Erfindung bis 1470 gehaut wurde, kann, wie Burglehner versichert, nicht mehr angegeben werden, weil die Teilbücher der Schmelzherren und Gewerken verloren gingen. Die Gesamtausbeute aus dem Falkenstein und Erbstollen berechnet Burglehner für einen etwas längeren Zeitraum, nämlich 1470 - 1607, also für 137 Jahre, auf 3,917.326 Mark Brandsilber oder auf 19.586 Centner.2)

1) Die k. k. Hofbibliothek in Wien bewahrt unter ihren handschriftlichen Schätzen ein Mscpt. Nr. 3078, welches obige spezifizierte Ausweise enthält, unter den Titeln:

a) Was anzal Silber zu Schwaz bei weiland Erzh. Sigmunds von Österreich, Kais. Maximilians . . u. Kunig Ferdinanden als . . Landsfürsten der fürstl. Grfschft Tyrol von dem 1470 Jar bis zu eingang des 1535 Jars aus dem Valkenstainer ärzt geschmelzt . . durch Jörgen Andorfer u. seinen Sun Sebastian als Silberprenner geprennt worden ist.

b) Hernach folgen alle Silber . . sovil alle Schmelzherrn yegklicher in sunderhait . . gemacht haben  von A° 1470 untz auf ingennd Weichnechten A° 1535. Siehe Beilage I. [Verzeichnis aller Silber zu Schwaz] In Chmel’s Handschriften der k. k. Hofbibliothek, II. Bd., p. 108, findet sich eine Beschreibung des Codex mit lückenhafter Inhaltsangabe.

2) Burglehner I. p. 46. Der Unterschied in beiden Berechnungen mag daher kommen, dass Burglehner nur das Erträgnis des Falkensteins und Erbstollens ins Auge fasste, und dass schon während der Regierung Ferdinands I. und noch mehr nach seinem Tode das Erträgnis der Bergwerke stark abnahm, während in dem in der vorigen Anmerkung zitierten Ausweis neben dem Erträgnis des Falkensteins und Erbstollens der Gewinn aller Schmelzherren, die an den verschiedensten Gruben bauten, aufgeführt erscheint.

Die Folge der Entdeckung der so überaus reichen Silbergruben bei Schwaz war dieselbe, welche eintrat, als einige vierzig Jahre später Amerika entdeckt wurde, oder als man in unseren Tagen die Goldlager von Kalifornien fand. Alles, getrieben von Hunger und Durst nach Silber und Gold und leicht und schnell zu erwerbendem Reichtum, strömte nach Tirol zu den Gruben von Schwaz: reelle Unternehmer, aus denen bald die berühmten Gewerken der Füeger, Fugger, Tanzl, Stöckl, Lichtenstein-Castelcorno, Jöchl und Geizkofler herauswuchsen; neben ihnen gewinnsüchtige Kaufleute aus aller Herren Länder, Spekulanten, Abenteurer und Schwindler. Einer dieser letzteren war sogleich bei der Hand, dem Herzoge Sigmund eine Schrift zu überreichen, in welcher er ihm anzuzeigen sich erbot, wo die reichen Schätze von Tirol verborgen liegen, und wie sie zu erheben wären.1) Aus Rottenburg am Neckar schlich ein gewisser Meister Peter an Sigmunds Hof mit dem Anerbieten, den Herzog in jenen Stücken der Alchemiekunst zu unterrichten, aus Kupfer Silber und aus Silber Gold zu machen. Er betrog den leichtgläubigen Fürsten um Geld; der Betrug endigte aber mit seiner Vertreibung aus dem Lande und mit der eidlichen Verpflichtung, dem Herzoge nie mehr vor Augen zu kommen oder bei ihm jemals noch etwas zu suchen.2)

Eine weitere Folge der glücklichen Entdeckung war die Weckung der Bergbaulust im ganzen Lande. Fremde und Einheimische durchstöberten alle Täler und Gebirge, um, wo es nur einiges Gespüre von edlen Klüften gab, nach Gold, Silber und anderen Metallen zu graben; und so wurden im Laufe der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, ausser den schon

1) Der Schwindler war Georg Weindl, Zollschreiber am Neuenhauser Tor in München. Schatzarchivs-Repertor. in Innsbruck III.

2) Urfehd- und Stellbrief des Meister Peter von Rottenburg am Neckar, als er den Fürsten in der Alchameikunst betrog. Darin bekennt derselbe: ,vnd hab sein Gnad damit betrogen, darum mich derselbe in vanknuss hat lassen nemen. Indem mir aber Sein Gnad Räte herr Oswald der Sebner Ritter vnd Hauptmann an der Etsch, vnd die edlen vnd vesten Heinrich Lichtensteiner,   Conrat  Vintler, Leonard Weinecker den Weg des Rechtens vnd der Gnade offen liessen, habe ich auf den verzichtet vnd Urfehde geschworen, mich aus allen Landen des Herzogs zu entfernen, ihm nicht mehr unter die Augen zu kommen, vnd nichts mehr zu suchen bey ihm.' Sehatzarch. Rep. III. p. 1281. — Lichnowski VII. zum Jahre 1469.

im Betriebe gestandenen Bergwerken zu Gossensass und Sterzing, zu Garnstein bei Klausen, und im Gebiete des Bischofs von Trient, allenthalben neue Gruben geöffnet. So ein Goldbergwerk im Stubaital am Peil in der Vulpmer Alpe; so auf Silber, Kupfer, Blei und andere Erze am Feigenstein bei Nassereith; am Fern und in der Gegend von Imst; zu Kristen am Sollstein hinter dem Höttinger Gebirge, wo noch heute die mächtigen Halden davon Zeugnis geben; am Golrain bei Valders; am Alperschon zu Feustarb im Lechtal; zu Biberwier die Gruben, welche noch jetzt unter dem Namen Silberleuten bekannt sind; auf dem Schneeberg zwischen Sterzing und Passeier; in Arn und bei Lienz im Pustertal; in Gröden nahe bei der Sebser Alpe; am Joche Grimm; zu Terlan und Nals an der Etsch; am Vollmannsstein nächst Meran; bei Goldrain, in Martell, zu Ober-Annaberg, zu Prad und Stilfs im Vintschgau; dann im Gerichte Königsberg zu Waid ob Jungsberg; zu Randena in Judicarien und besonders in Primör. Sperges macht zu vielen dieser Bergwerke, von denen einige wohl nur bei dem Versuche geblieben sein mögen, die Bemerkung, er wisse weder die Zeit des Anfanges des Grubenbaues, noch wer die Fundgrubner und ersten Gewerken gewesen seien, zu bestimmen. Dieser Ungewissheit hat im Jahre 1807 J. v. Senger in seinen Beiträgen zur Geschichte des Bergbaues in Tirol großenteils abgeholfen, indem er nähere Bestimmungen zu liefern im Stande war.1)

Aber nicht bloß neue Gruben wurden eröffnet; die Sucht nach edlen Metallen wendete sich auch den Flüssen und Bächen zu, um in deren Sande nach Edelmetallen zu forschen. Man entdeckte, dass die Passer und die Sill Goldkörner, und selbst der Höttinger Bach Silber führe. Darum wurden am Passer-Fluss bei Meran 2) und an der Sill bei Innsbruck und unterhalb ihrer Ausmündung am Innfluss, sowie am Höttinger Bache Waschwerke angelegt. 3) Unter den Raritäten des Amraser

1) Sperges p.  77 - 78. — J. v. Senger: Beiträge etc., im Sammler für Geschichte u. Statistik von Tirol, I. Bd. (Innsbr. 1807), p. 97 — 150.
2) Sammler p. 123
3) K. u. k. Staats-Arch. in Wien. Herzog Sigmund überlässt dem Peter Jenner zwei Kübel Arz, so er im Höttinger Bach gewonnen, und erlaubt ihm das Silber, so er daraus machen würde, nach seinem Gefallen zu verkaufen. Innsbr. 15. Sept. 1479.

Schlosses 1) wurde in den Vierziger Jahren unseres Jahrhunderts ein Fläschchen gezeigt mit aus dem Sillsand gewonnenen Goldkörnern gefüllt.2) Vielleicht stand mit diesen Waschwerken die Schmelzhütte in Verbindung, welche 1480 die Gewerken Phab, Ulrich Hutter von Hall und Otto Tischler in Innsbruck bauten.3)

Bald bemächtigte sich die Spekulation auch anderer Naturprodukte; denn der Boden Tirols enthielt neben den edlen Metallen noch einen großen Reichtum an Alaun, Galmey, Synter und Salpeter. Nach dem Alaunbau griffen besonders Italiener. Die ersten, welche sich bei Herzog Sigmund um die Erlaubnis meldeten, Alaun in der Grafschaft Tirol zu suchen und zu bauen, waren Pilgrin Vittori und dessen Sohn Matteo aus Venedig, und Nicolaus Lanzola und Jakob Piligrin aus Verona; mit dem letzteren in Verbindung stand Anton Münig aus Bozen. Den ersten zwei erteilte Herzog Sigmund das erbetene Privilegium im Jahre 1461, den Veronesern in den Jahren 1465 und 1475. Die Bedingungen waren im Ganzen dieselben; die Unternehmer mussten dem Fürsten die Frohn nebst einigen Teilen des geläuterten Alauns, und von jedem Saum, den sie in das Ausland führten, einen Gulden Zoll entrichten. Das benötigte Holz durften sie aus den fürstlichen Waldungen, jedoch ohne Nachteil des Silberbergwerkes in Schwaz und der Salzpfanne in Hall, beziehen. Nach Ablauf der Dauer des Privilegiums mussten sie alle Hütten und Werkzeuge dem Herzoge überlassen.4) Bald erschienen auch Deutsche mit demselben Ansuchen bei dem Herzoge Sigmund in Tirol; im Jahre 1466 die Brüder Hermann und Henning Molre aus Sachsen. 5)

Über die Gründe, warum vorzüglich Italiener sich um die Bewilligung des Alaunbaues in Tirol bewarben, und warum überhaupt damals auf die Entdeckung des Alauns mit großer Gier ausgegangen wurde, belehrt uns Johann Gobellinus aus Bonn, Geheimschreiber des Papstes Pius II., der von 1458

1) Nicht in Wien, sondern in Tirol.
2) Aus der Erinnerung des Verfassers.
3) Sperges p. 130.
4) Schatzarch. Repertor. III. 1425. 1426. Die Orig.-Urkunden in Lade 106.
5) Ebendaselbst.

bis 1464 auf dem Stuhle des heil. Petrus saß. Er erzählt folgende anziehende Geschichte. Ein gewisser Johannes de Castro hatte sich vor der Eroberung Konstantinopels durch die Türken (1453) jahrelang daselbst aufgehalten und mittelst Tuchfärberei großen Reichtum erworben. Er ließ die Tücher aus Italien kommen, die aber nur in Konstantinopel gefärbt werden konnten, weil das Farbmaterial, nämlich der Alaun, aus den dortigen Bergwerken gewonnen wurde. Da er die Alaunzubereitung täglich sah, konnte er sich leicht die Kenntnis aneignen, in welchem Gestein und in welcher Erde derselbe vorkam. In Folge der Eroberung Konstantinopels durch die Türken verlor er sein ganzes Vermögen; er kehrte nach Italien zurück, und nahm, als Pius II. auf den päpstlichen Thron erhoben wurde, zu diesem, dem er von Basel her, wo er Handel getrieben, bekannt war, seine Zuflucht. Pius machte ihn zum General-Rentmeister der apostolischen Kammer. Da er in dieser Eigenschaft Berg und Tal durchwandern musste, dabei mit forschendem Blicke Gestein und Erdarten beobachtete und untersuchte, war er freudig überrascht, als er in der Nähe von Civita vecchia auf einem Acker von Tolfa einen Alaunstein fand. Er untersuchte weiter und machte noch größere Entdeckungen. Er eilte zu Pius II. mit dem Rufe: ,Heute, heil. Vater! bringe ich den Sieg über den Türken! Mehr als 300.000 Goldstücke erpresst derselbe jährlich den Christen mittelst des Alauns, mit welchem wir Wolle mannigfaltig färben, weil er im Abendlande nicht zu finden war, außer in geringer Quantität auf der Insel Ischia und in einer Höhle des Vulkans auf Lipari. Ich aber habe sieben Berge gefunden so reich an diesem Mineral, dass es für sieben Welten hinreicht'. Er riet hierauf dem Papste, Arbeiter zu berufen und Öfen zu bauen, er werde für ganz Europa Alaun liefern können; der Gewinn des Türken werde aufhören, und was dem Papste zum Vorteil gereiche, werde dem Türken doppelten Nachteil bringen. Holz und Wasser sei am Fundorte in Überfluss vorhanden, der Hafen von Civita vecchia in der Nähe, ganz gelegen zur Verfrachtung des Erzeugnisses. Nun könne der Papst die Vorbereitungen zum Kriege gegen die Türken treffen lassen; das Bergwerk werde ihm den nervus belli verschaffen, dem Türken entziehen, d. i. das Geld.

Der Papst ging auf den Vorschlag ein und ließ Bergleute aus Genua kommen, die früher in Asien für den Türken den Alaun gebaut hatten. Sobald diese den Fundort näher untersucht hatten, erklärten sie, dass er die größte Ähnlichkeit mit den Alaunbergen Asiens habe, und dankten mit Freudentränen im Auge dem Herrn auf den Knien für das große Geschenk. Es wurde hierauf gewonnener Alaun nach Venedig und Florenz geschickt, und die mit demselben angestellten Versuche übertrafen alle Erwartungen. Die ersten, welche sogleich für 20.000 Goldgulden Alaun ankauften, waren die Genueser; später verwendete Cosmas der Mediceer 75.000 Goldgulden auf den Ankauf. 1)

Nach diesem glücklichen Funde, den man in Italien gemacht, und bei der Wichtigkeit, die man dem Alaun beilegte, war es kein Wunder, dass sich besonders Italiener angespornt fühlten, auch in Tirol nach einem Mineral zu suchen, welches als eine neue reiche Quelle des Gewinnes betrachtet wurde.

Fast gleiche Aufmerksamkeit wurde auch dem Galmey (Zinkoxyd) zugewendet. Burglehner versichert,2) dass man zur Zeit des Herzogs Sigmund von diesem Minerale, ,so man in die Kupfer brennt, wenn man Messing machen will', im Lande Tirol viel gefunden habe. Von Belehnungen liegen jedoch dem Verfasser nur einige urkundliche Nachweise vor. Im Jahre 1466 verlieh der Herzog dem Pfleger von Schlossberg, Burkart von Hausen, und dessen Mitverwandten das ausschließliche Privilegium, Galmey zu bauen.3) Im Jahre 1476 erhielt Hans Mayrstetter von Augsburg die Erlaubnis, in Tirol Galmey zu bauen, Messing daraus zu machen oder es sonst zu verkaufen, gegen Abgabe eines Guldens von jeder Tonne an den Landesfürsten.4) Drei Jahre später gestattete Herzog Sigmund dem Leonhard Kugler samt Mitgewerken am Vera, in Gleirs,

1) Johannes Gobellinus in Commentariis rer. memorabil. p. 339, die er im Auftrage des Papstes Pius II. auch unter dem Titel: Historiae sui temporis von 1405 - 1463 aufzeichnete.
2) Tirol. Adler I. 26.
3) Schatzarch. Repertor. III. 1429.
4) Ebendort.

Lafeis und Vomperbach Galmey zu suchen, zu bauen und zu ihrem Vorteil zu verkaufen.1)

Nicht so liberal war Herzog Sigmund in Bezug auf Benützung von Synter und Salpeter; er verbot geradezu die Ausfuhr der beiden Naturerzeugnisse und selbst den Verkauf des letzteren, außer an ihn selbst. Der Synter wurde ausschließlich dem Pfannhaus in Hall vorbehalten.2)

Aus der ganzen bisherigen Darstellung ergibt sich unwidersprechlich, dass Tirol in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als eine reiche Fundgrube der verschiedensten Gaben und Schätze der Natur betrachtet wurde, und dass man nur mit forschendem Blicke ihr verborgenes Dasein zu entdecken brauchte, um in kürzester Frist ein reicher Mann zu werden. Es gelang auch mehreren unter der großen Menge von Spekulanten, welche von allen Orten her nach dem Wunderlande Tirol eilten, für die damalige Zeit enorme Reichtümer zu erwerben. Hans Füeger von Hall z. B., der 1503 starb, hinterließ seinen Erben 200.000 Gulden, 3) und als sein gleichnamiger Sohn mit einem Fräulein von Pienzenau aus Baiern zu Hall Hochzeit hielt, wurde die Braut von 4000 Pferden heimgeführt.4) Neben diesen Glücklichen wurden aber Viele das Opfer missglückter Spekulation. Der Chronist bei Hieronymus Pez berichtet dies mit den Worten: Aus allen Ländern strömte eine Masse von Unternehmern ins Land, und sie gingen mit einer Leichtfertigkeit so viele und verschiedene Verträge ein, dass es schien, als hätte das Geld keinen Wert mehr; denn von einer solchen Gier nach Gewinn und Reichtum wurden diese Menschen getrieben, dass sie ohne Überlegung und kluge Vorsicht ihr Geld hinauswarfen; die Folge war, dass viele von ihnen an den Bettelstab kamen. 5)

1) K. u. k. Staats-Arch., dd. Iunsbr. 30. Aug. 1479. Gleirs und Lafeis liegen in dem Gebirgsstocke hinter dem Sollstein und Halltal an den Quellen der Isar.
2) Liber offcii Salinae Hall. Sigmunds Ausfuhrverbot vom 27. September 1471, und Verleihbriefe zur Saliter-Erzeugung dd. 31. Mai 1479, k. u. k. Staats-Archiv.
3) Sperges p. 105.
4) Derselbe p. 106.
5) Hieron. Pez, Script, rer. austriac. II. p. 465. — Auch Cod. Mscrpt. auf der k. k. Hofbibliothek in Wien. S. I. 669 = 3344.

Allein nicht bloß diese Spekulanten verarmten, der Landesfürst selbst, obwohl ihm der glänzende Titel der ,Münzreiche' beigelegt wurde, befand sich bei allem Reichtum seiner Bergwerke fast immer in Geldnot; denn welcher Art die Wirtschaft am Hofe des Herzogs Sigmund war, glaubt der Verfasser in seiner Abhandlung über den Übergang Tirols an den römischen König Maximilian nachgewiesen zu haben.1) Die meisten, und zwar die einträglichsten Bergwerke waren schon des Betriebes wegen in die Hände der Gewerken gekommen, die ihren Vorteil nicht vergasen, und bald sehen wir gegen Geldvorschüsse, deren der Herzog fortwährend bedurfte, dieselben durch Verpfändung noch mehr in ihre Hände übergehen. Schon 1456 verpfändete Sigmund das ganze Erträgnis der Silberbergwerke zu Schwaz und Gossensass an Ludwig Meuting, Bürger von Augsburg, und dessen Gesellschaft gegen einen Vorschuss von 35.000 fl. auf so lange, bis er die Summe hereingebracht hätte; für den Fall des Eingehens des Bergwerkes wurde er mit seinem Guthaben auf den Zoll im Lueg angewiesen.2) Als Herzog Sigmund durch den fast mutwillig vom Zaune gebrochenen Krieg mit Venedig in Schulden geraten war, verpfändete er 1488 für ein Darlehen von 150.000 fl. der Fugger-Gesellschaft von Augsburg die Silbergruben von Schwaz unter Bedingungen, die das Bergwerk zu Schwaz und die Münze zu Hall nahezu in die Gewalt dieser Gesellschaft brachten. Unter anderen Bedingungen musste Sigmund jede frühere, an wen immer auf die Schwazer Silberwerke ausgestellte Verschreibung für erloschen erklären, und durfte in der Zwischenzeit Niemanden auf dieselben Silbergruben verweisen und keinem Schmelzherrn Freiheiten einräumen.3)

Die größte historische Bedeutung erlangten jedoch jene Bergwerke des Landes, bei welchen Herzog Sigmund und die nachfolgenden Landesfürsten von Tirol mit den Bischöfen von Chur, Trient, Brixen und Salzburg in Berührung kamen. Daraus entwickelten sich Streitigkeiten, die teilweise zu

1) Meine Abhandlung im 51. Bande des Archivs für österr. Geschichte, p. 297 - 448. Wien. Karl Gerold. 1873.
2) Orig.-Urk. dd. 1. Jänn. 1456, im Schatzarch. zu Innsbruck, Lade 106.
3) Urk. dd. Montag nach U.H. Frohnleichnam (9. Juni) 1488, im Schatzarch. zu Innsbruck, Lade 106.

geräuschvollen Auftritten führten, wie z. B. mit dem Cardinal Nikolaus von Cusa, Bischof zu Brisen, und welche bezüglich Salzburgs nach 200 Jahren noch nicht beigelegt waren.

Die Bischöfe von Chur erstreckten ihre geistliche Gewalt und zum Teil auch ihre weltlichen Besitz- und Jurisdictionsrechte über einen großen Teil des westlichen Tirols, nämlich über das ganze Vintschgau bis an die Passer bei Meran hinab; hingegen ragten weltliche Hoheitsrechte der Grafen von Tirol hinüber auf den heutigen Graubündner Boden, in das Münstertal und Engedein. In diesem Gebiet gab es mehrere Bergwerke, namentlich die Silbergruben in Scharl und das Eisenerz in Valdöra. Das Eigentumsrecht war ein zwischen den Grafen von Tirol und den Bischöfen von Chur bestrittenes. Im Jahre 1317 besaß es der Graf von Tirol, der gewesene König von Böhmen; denn er verlieh das Bergwerk in Scharl an die Brüder Konrad und Friedrich von Planta. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts erscheinen die Vögte Hans und Hartwig von Matsch im Besitze des Eisenerzes von Valdöra, indem sie dasselbe 1347 dem Ulrich von Planta und dessen Söhnen verleihen. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begegnen wir vielfachen Streitigkeiten um die genannten Bergwerke, wohl in Folge der Bedeutung, welche damals die tirolischen erlangten. Am 16. Oktober 1459 liess sich der Bischof Ortlieb von Chur von Kaiser Friedrich mit allen Gold-, Silber-, Kupfer- und Eisenerz-Bergwerken und Metallen, die zu dem Hochstifte von Alters her gehörten, sowie mit allen Bergwerken, welche in den Herrschaften und Gebieten liegen, die das Stift zur Zeit redlich besaß, belehnen. Im folgenden Jahre (1460) sehen wir den Bischof Ortlieb wegen der Bergwerke mit denen von Planta in Streit verwickelt, zu dessen Beilegung am 8. Februar und 30. Juli ein Schiedsgericht zusammentrat. Aber neunzehn Jahre später entbrannte zwischen dem Herzoge Sigmund und dem Bischöfe von Chur Streit, was daraus hervorgeht, dass jener sich am 19. April 1479 an Kaiser Friedrich mit der Forderung wendete, dem Bischof jede Störung der dem Landesfürsten von Tirol gehörigen Bergwerke zu untersagen. Der Streit betraf die Bergwerke Scharl und Valdöra, welche beide Fürsten als ein auf ihrem Grunde gelegenes Eigentum ansprachen, wobei sich Bischof Ortlieb auf die kaiserliche Belehnung von 1459, Herzog Sigmund auf sein landesfürstliches Recht berief. Allein der Streit dauerte fort oder wurde wieder erneuert; denn 1486 finden wir, dass Herzog Albrecht durch schiedsrichterlichen Spruch ihn bezüglich Valdöra's beilegen sollte. In den Neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts flossen die Bergwerks-Streitigkeiten mit den vielen anderen Ursachen und Veranlassungen zusammen, die 1499 den blutigen Engedeiner Krieg herbeiführten.1)

Im Fürstentum Trient waren die Verhältnisse anderer Art, als in den zum Bistume Chur gehörigen Teilen des damaligen Territoriums der Grafen von Tirol. Dort war von diesen nicht das Eigentumsrecht der Bischöfe von Trient auf die Bergwerke bestritten. Die Bergwerke, welche sie besaßen, waren anerkanntes Eigentum der geistlichen Fürsten von Trient. Allein da zwischen ihnen und den Grafen von Tirol aus verschiedenen Ursachen sehr oft Streitigkeiten entstanden, und in Folge dessen wiederholt die Okkupation des weltlichen Fürstentums der ersteren durch die letzteren stattfand, so wurden bei solchen Gelegenheiten auch die Bergwerke der Bischöfe in Beschlag genommen. Ein solcher Fall trat schon 1267 unter Meinhard II., Grafen von Tirol, ein, der dem Bischof Egno nebst der Herrschaft Pergine auch die dortigen Silbergruben entriss. Meinhards Sohn, Heinrich, stellte zwar der Kirche von Trient zurück, was sein Vater ihr entrissen hatte; mit der Zurückgabe der Bergwerke von Pergine scheint er aber gezögert zu haben, da eine Urkunde des Jahres 1331 darauf hindeutet, dass er um diese Zeit noch über dieselben willkürlich schaltete.2) Unter dem Markgrafen Ludwig von Brandenburg fand wieder, von 1354 bis 1359, eine gewalttätige Okkupation des Fürstentums Trient statt; ebenso nach Herzog Rudolfs IV. Tod unter dessen jüngeren Brüdern, den Herzogen Albrecht und Leopold;3) ferner unter Herzog Friedrich

1) Die Belege zu all' den oben Chur betreffenden Daten finden sieh in meinen Regesten über das Verhältnis Tirols zu den Bischöfen von Chur, im 15. Bande des Archives f. Kunde österr. Geschichtsquellen, p. 337 bis 387, bei den betreffenden Jahren.
2) Sperges p. 66.
3) Die Aufhebung; der Okkupation und die Zurückgabe alles Weggenommenen geschah im Spätherbst 1305 in Folge der von dem Bischof Albrecht am 6. Nov. ausgestellten Verschreibnng. Urk. bei Brandis, Tirol unter Friedrich etc., p. 217.

mit der leeren Tasche, von 1407 bis 1409, 1) und unterdessen Sohne, dem Herzog Sigmund. Unter diesem wurde endlich auf dem Wege von Verträgen, nachdem er sich mehrfacher gewalttätiger Eingriffe schuldig gemacht hatte, ein erträgliches Verhältnis des Grafen von Tirol zu den Bergwerken der Bischöfe von Trient festgestellt. Dem ersten Vertrage begegnen wir im Jahre 1454, in welchem der Bischof Georg und Herzog Sigmund sich dahin vereinbarten, dass der Ertrag aller Trienter Bergwerke zu gleichen Teilen ihnen zufallen sollte.2) Der Vertrag wurde wahrscheinlich auf fünf Jahre geschlossen, nach deren Ablauf seine Auflösung oder Erneuerung stattzufinden hätte; allein Herzog Sigmund scheint die Zerrüttungen, die nach 1454 im Fürstentum Trient wiederholt eintraten, benützt zu haben, die Bergwerke auch ohne Vertrag ausschließlich sich zuzueignen. In einem Codex der kaiserl. Hofbibliothek in Wien lesen wir nämlich vom Bischof Ulrich III. (1486 - 1493), dass er den halben Anteil an den Bergwerken wieder an sich brachte, nachdem sie vorher gänzlich vom Herzoge weggenommen waren.3) Es geschah diese Wiedererwerbung des Halbteiles durch einen Vergleich, der wahrscheinlich die Erneuerung des 1454 vereinbarten war. Herzog Sigmund und Bischof Ulrich verglichen sich am 4. September 1489 zu Innsbruck dahin, dass die Bergwerke in den nächsten fünf Jahren von beiden Herren gemeinsam mit Bergrichtern besetzt und verliehen werden, und der Nutzen zu gleichen Teilen ihnen zufallen sollte; die Appellationen in Streitigkeiten sollten nach Innsbruck geführt, und die Urteile im Namen Sigmunds und des Bischofs aus der herzoglichen Kanzlei gefertigt werden.4)

Doch seine endgültige Regelung erhielt das Verhältnis der tirolischen Landesfürsten zu den Bergwerken der Bischöfe von Trient unter dem bei Kaiser Maximilian, Karl V. und Ferdinand I. einflussreichen Staatsmann und Kardinal, dem

1) Brandis 1. c. p. 29 - 45.
2) Sperges p. 79.
3) ,Recuperavit medietatem minerorum, quae prius integraliter per . . . Ducem occupabantur'. Cod. I. 669 = 3344.
4) Alte Bekennen, II. Bd., in der Regierungs-Registratur in Innsbruck, und Tridentin. Arch.-Verzeichnis p. 665.

Quelle: Albert Jäger, Beitrag zur Tirolisch-Salzburgischen Bergwerks-Geschichte. Wien 1875. Beilage I, S. 97 - 102.
Rechtschreibung behutsam angepasst: Wolfgang Morscher.
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